Kurz nachdem er 1888 den Thorn bestiegen hatte, entdeckte der deutsche Kaiser Wilhelm II., dass Deutschlands Zukunft auf dem Meer liege. Der anschließende Aufbau einer Hochseeflotte führte erst zu einer bleibenden Rivalität mit Großbritannien und am Ende mit in die Katastrophe des ersten Weltkriegs.
Während vielen Deutschen aus heutiger Sicht die Liebe des Kaisers zum Meer reichlich befremdlich vorkommt, ist China gerade dabei, die seine zu entdecken. Man beansprucht nicht nur den größten Teil des Südchinesischen Meeres als Hoheitsgebiet für sich, weil es zufälligerweise den eigenen Namen trägt und vom großen Vorsitzenden Mao Zedong so bestimmt worden war, sondern baut auch künstliche Stützpunkte und eine Flotte auf, die dazu in der Lage sind, diesen Anspruch militärisch durchzusetzen.
Auch im Westen wacht man in zwischen auf und erkennt, die Bedeutung des Meeres, nicht nur für Klima und Umwelt, sondern auch für die Ausübung von geostrategischer Macht. Denn wer die Handelsverbindungen zwischen den Staaten und Kontinenten kontrolliert, der kontrolliert auch zu einem gewissen Grad auch diese Staaten selbst, weil er über die Macht verfügt, den Zugang zur restlichen Welt zu gewähren oder auch zu verwehren.
Die historischen Beispiele sind zahlreich: Meere sind wichtig
Dass diese Entwicklung keine neuzeitliche ist, sondern das Meer schon zu allen Zeiten eine strategische Rolle innehatte, belegt David Abulafia. Der Professor für die Geschichte des Mittelmeerraums an der Universität Cambridge hat nicht nur ein preisgekröntes Buch über die Geschichte des Mittelmeers vorgelegt, sondern nun auch mit einer Untersuchung über die globale Geschichte des Meeres nachgelegt.
In ihr wird deutlich, dass die Kontrolle des Meeres zu allen Zeiten von höchster Bedeutung war, sowohl wirtschaftlich wie auch militärisch. Hafenstädte wie Antwerpen oder auch Hamburg leiten einen großen Teil ihrer heutigen Bedeutung von ihren Häfen ab, denn in diesen wurden und werden jene Güter gelöscht, die in den Industrien der Städte bzw. des direkten Umlands verarbeitet werden.
Auf der politischen Ebene wird gerade beim Blick nach Asien deutlich, dass kriegerische Raubzüge über das Meer dort eine viel größere Tradition haben als bei uns in Europa. Schon im späten 16. Jahrhundert plante der japanische Feldherr Toyotomi Hideyoshi, der als einer der drei Reichseiniger des modernen Japan gilt, die Eroberung von Korea und China von See aus.
Da solche Traditionen nicht einfach in Vergessenheit geraten, darf die Welt auch in den kommenden Jahrzehnten mit gespannter Aufmerksamkeit auf die Meere in Asien schauen, denn dort könnten durchaus neue Episoden der globalen Meeresgeschichte geschrieben werden.