In den kommenden zehn Jahren werden die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge von 1946 bis 1964 nach und nach das Rentenalter erreichen und aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Für die Sozialkassen wird dies massive Veränderungen mit sich bringen, denn eine starke Gruppe von Beitragszahlern wandelt sich zu Leistungsempfängern.
Eine immer größer werdende Last wird somit über einen längeren Zeitraum von immer weniger Schultern getragen werden müssen. Heute stehen einem Rentner noch drei Personen im erwerbsfähigen Alter gegenüber. Dieser Zustand ist alles andere als paradiesisch, aber immer noch besser als das Verhältnis von 1:2, das in etwa 13 Jahren zu erwarten sein wird.
Weil nicht jede Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist und keineswegs jeder Erwerbsfähige auch erwerbstätig ist, drohen die Beiträge zur Sozialversicherung auf bis zu 48 Prozent anzusteigen. Der Anstieg kommt allerdings nicht über Nacht und dies kann zu dem falschen Eindruck verleiten, es bliebe noch genügend Zeit, um später zu reagieren.
Der Zeitdruck für notwendige Reformen ist enorm
Gefährlich wird, wenn insbesondere die Politik diesem Irrtum verfallen sollte und mit Blick auf Wahlen, die es zu gewinnen gilt, die notwendigen Reformen hinauszögert oder gar ganz unterlässt. Betroffen sind nicht nur Beitragszahler und Rentner, die, wenn nichts geschieht, sich in rund 25 Jahren im Verhältnis von 1:1 gegenüberstehen könnten.
Massiv leiden wird auch der Staat als Ganzes. Seine Funktionsfähigkeit wird nicht nur auf eine harte Probe gestellt werden, sondern könnte gänzlich infrage gestellt werden. Denn je höher die Sozialabgaben werden, desto größer wird der Druck, ihnen nach Möglichkeit zu entkommen. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer werden hier gleichermaßen nach „Lösungen“ suchen.
Für die Arbeitgeber dürfte sich eine noch stärkere Präferenz für künstliche Intelligenz und Roboter ergeben, denn diese benötigen weder Urlaub noch sind für sie hohe Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Da diese Entwicklung schon frühzeitig einsetzen wird, ist schon vor 2035 ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit zu erwarten.
Massive Nachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Wenn weit mehr als die Hälfte des Bruttoverdienstes für Sozialversicherungsbeiträge und Steuern aufzuwenden ist, werden aber auch die Arbeitnehmer nur noch wenig Lust verspüren, ein Anstellungsverhältnis zu beginnen. Gut qualifizierte Fachkräfte werden über einen Wechsel ins Ausland nachdenken, während Geringverdiener eine längere Arbeitslosigkeit als durchaus lohnenswert erachten könnten.
Einen derartigen Anstieg der strukturellen Arbeitslosigkeit hat Deutschland bereits in den 1990er und frühen 2000er Jahren erlebt. Sie konnte erst durch die Hartz IV.-Reformen gebrochen werden.