Die MV Werften haben am Montag einen Insolvenzantrag gestellt. Nun steht die neue Ampel-Koalition vor ihrer ersten großen wirtschaftspolitischen Herausforderung. Direkt betroffen vom Konkurs sind zunächst die auf den Standorten in Rostock-Warnemünde, Wismar und Stralsund beschäftigten rund 2.000 Mitarbeiter. Doch nicht nur ihre Arbeitsplätze sind in akuter Gefahr.
Auch die zahlreichen Zulieferbetriebe haben Grund zur Sorge. Eine ganze Küstenregion steht damit möglicherweise vor einschneidenden Veränderungen. Zum Verhängnis wird den Werften derzeit, dass sich der Verbund unter dem neuen Eigentümer Gentling Hongkong, der seinerseits mehrheitlich zur malaysischen Gentling Gruppe gehört, stark auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen konzentriert hat.
Normale Schiffe können auf deutschen Werften nicht mehr zu Preisen gebaut werden, die mit der Konkurrenz auf dem Weltmarkt mithalten können. Aus dieser Not haben die deutschen Werften in der Vergangenheit eine Tugend gemacht und sich vorrangig auf den Bau von Spezialschiffen konzentriert.
Insolvenz: Auf die falsche Nische gesetzt?
Der Bau von Kreuzfahrtschiffen ist eine solche Nische. Sie liegt allerdings seit dem Beginn der Corona-Pandemie vollkommen am Boden. Zuvor hatte sich der Markt als eine interessante und boomende Branche dargestellt, denn Kreuzfahrten erfreuten sich einer immer größeren Beliebtheit.
Gerade auf dem asiatischen Markt wollten die MV Werften mit ihren Schiffstypen Fuß fassen. Gelingen sollte dies mit den neuen Global Class Schiffen. Das Typschiff der neuen Klasse, die über eine Länge von 342 Meter und eine Breite von 46 Meter verfügt, die „Global 1“ ist derzeit noch in Bau und nur zu rund 75 Prozent fertiggestellt, obwohl das Schiff nach der ursprünglichen Planung bereits Ende 2020 ausgeliefert werden sollte.
Nun müssen die Parteien der Ampel-Koalition entscheiden, ob sie die Werften in Mecklenburg-Vorpommern retten oder ihrem Schicksal überlassen wollen. Die Frage ist ohnehin schwer zu entscheiden und sie wird gewiss nicht dadurch leichter zu beantworten, dass derzeit kaum verlässlich vorhergesagt werden kann, ob und ggf. wie sich der Kreuzfahrttourismus in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird.