Ob man die Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder die Federal Reserve (Fed) nun gut oder schlecht findet, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Grundidee hinter deren Installierung war jedenfalls einst gut. Denn nach mehreren wirtschaftlichen Boomphasen, die letztlich jedoch allesamt in einem Crash endeten, wollte man die wirtschaftliche Entwicklung mit Hilfe von Notenbanken glätten.
So sollen diese in einen wirtschaftlichen Aufschwung hinein diesen abbremsen und im Gegenzug in einer „Crashphase“ die Wirtschaft unterstützen. Das Problem dabei ist nur, dass niemand in die Zukunft schauen kann. Das aber wäre für eine wirklich effektive Steuerung der Wirtschaft notwendig. Denn wer bei einem Aufschwung zu früh bremst, würgt diesen ab, ehe er richtig begonnen hat.
Daher lehnen Anhänger der Österreichischen Schule konsequent alle Markteingriffe und damit in letzter Konsequenz auch die Zentralbanken ab. Denn jeder Markteingriff hat, so die Denkweise, immer auch (unerwünschte) Nebenwirkungen. Ob man nun ein Anhänger dieser Österreichischen Schule ist oder nicht, diese Feststellung lässt sich nur schwer wegdiskutieren. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Inflationsrate in den USA bei fast 7%…
Zuletzt konnte man dies in den USA wieder sehr schön beobachten. So druckte die Federal Reserve aufgrund der Covid-19-Pandemie so viel Geld wie noch nie, die US-Notenbank schien von Sinnen. Das Ergebnis war aber, dass sie die US-Wirtschaft, insbesondere aber auch die US-Kapitalmärkte, „retten“ konnte. So kam es nach dem „Corona Crash“ im März 2020 zu einer V-förmigen Erholung, die ihresgleichen sucht.
Doch diese extrem expansive Geldpolitik hat eben ihren Preis. So stiegen in den USA zuletzt die Inflationsraten massiv an. Für November wurde von den Statistikern – und diese rechnen die Inflation tendenziell sogar eher schön – eine aufs Jahr hochgerechnet Inflationsrate in Höhe von 6,8% gemeldet. Das war die höchste Inflation seit 39 Jahren (1982!) und lag noch über den ohnehin schon hohen Erwartungen.
Daher konnte US-Notenbankchef Powell wohl auch nicht mehr länger an seiner These, dass diese Inflation in erster Linie Basiseffekten geschuldet und daher nur vorübergehend („transitory“) sei, festhalten. Ergo erklärte der Fed-Chef in seiner regelmäßigen Anhörung vor dem Kongress, dass es nun angemessen sei das Wort „transitory“ zur Beschreibung der Inflation zu streichen. Doch den Worten ließ er auch Taten folgen.
So wurde das Tapering, also das Zurückfahren der Anleihekäufe zur Unterstützung der US-Wirtschaft, mal eben verdoppelt. Dadurch wird die Fed nun schon zum Ende des ersten Quartals 2022 ihre Anleihekäufe komplett einstellen anstatt wie bisher kommuniziert erst zum Ende des zweiten Quartals. Ferner unterstrich Powell noch einmal seine bekannte Aussage, dass nach Ende der Anleihekäufe Zinserhöhungen kommen könnten.
Inzwischen prognostizieren die Mitglieder des Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed sogar schon drei Zinsschritte für 2022. Bis dato war man von maximal zwei Zinsschritten ausgegangen. Darüber hinaus sollten nun auch 2023 drei weitere Zinsschritte folgen. Ergo läge der US-Leitzins (Fed Funds Rate) Ende 2023 wohl bei 1,5%. Darüber mag man – historisch betrachtet – immer noch lächeln. Denn historisch ist das immer noch ein niedriger Wert.
Doch 1,5% anstatt 0% sind dann doch eine Hausnummer. Insofern war die kurzfristige Marktreaktion auf die hawkishe Fed, nämlich steigende Kurse, irrational. Wahrscheinlich hatten viele schon im Vorfeld eine hawkishe Fed und daher fallende Kurse erwartet. Da sich die Fed, die sich nun als Inflationsbekämpfer darstellt, jedoch eine kleine Hintertür offengelassen hat, stiegen die Märkte erst einmal, was dann zu einem Short Squeeze führte.
Die kurzfristigen Kursgewinne sind schon wieder weg!
Allerdings wurden diese Kursgewinne schon am folgenden Handelstag wieder ausradiert. Was nicht nur aus rein charttechnischer Sicht ein großes Problem darstellt. Vielmehr sieht es ganz danach aus, als ob die Anleger endlich verstanden haben, dass die Fed in Sachen Inflationsbekämpfung Ernst machen möchte. Was grundsätzlich nicht schlecht wäre, wenn man es denn nicht zum völlig falschen Zeitpunkt täte.
Denn die heute exorbitant hohe Inflation hätte man durch solche Maßnahmen schon vor sechs bis neun Monaten bekämpfen müssen. Die Fed ist also massiv „behind the curve“. Dass an sich wäre schon schlimm genug. Aber sie macht es noch schlimmer. Denn da die Damen und Herren um Mr. Powell das bemerkt haben, lenken sie jetzt – plötzlich – massiv gegen. Dabei müssen sie aber höllisch aufpassen nicht zu überziehen.
Genau diese Gefahr besteht aber realistischerweise. Denn neben der Gelddruckorgie der Fed war ein weiterer Grund für die hohen Inflationsraten, dass aufgrund der Covid-19-Pandemie die Lieferketten (in Asien, besonders auch China, wo Covid-19 ja seinen Ursprung hatte) gestört wurden und es bis heute sind. Diese aber werden natürlich nicht ewig gestört bleiben, sondern im Laufe des Jahres 2022 wohl vollständig restauriert werden können.
Damit kommt es zu einer deflationär wirkenden Angebotsausweitung. Zugleich bremst die Fed mit ihrer auf Inflationsbekämpfung ausgerichteten Geldpolitik auch noch die Nachfrage. Eine Nachfrage, die sich seit dem Höhepunkt der Pandemie zwar wieder erholt hat, aber immer noch unter dem Niveau von vor der Corona-Zeit liegt. Mehr Angebot, weniger Nachfrage, da müssten nach dem Marktgesetz von Angebot und Nachfrage die Preise sinken.
Genau diese Gefahr sieht beispielsweise auch Cathie Wood von ARK Invest. Und inzwischen scheint das auch die Mehrheit der Anleger inzwischen begriffen zu haben. Nur die Fed wohl noch nicht. Oder sie möchte ganz bewusst mal etwas heiße Luft aus den Märkten lassen. Schließlich gibt es ja das eben schon mal angesprochene und in diesem Zusammenhang dann sehr wichtige Hintertürchen.
Kurzfristig Risk-Off, mittel- bis langfristig den tiefen Dip kaufen
Kurzfristig heißt es daher: Risk-Off, Risiko reduzieren. Denn es ist eine Korrektur des Aktienmarktes, insbesondere bei den Wachstumswerten, von gut -20% zu erwarten. -20% bei Microsoft und Co. können aber -50% bis -60% beim Bitcoin werden, dann wären wir (von den Allzeithochs aus gesehen) wieder im Bereich der Tiefs vom „Musk Crash“ im Mai. Am Ende aber sollte man diesen tiefen Rücksetzer, den tiefen Dip, wohl kaufen.
Denn da in den USA die Altersvorsorge stark an den Kapitalmärkten hängt, wird die Fed nicht mehr als eine Korrektur (in Form eines kleinen Salami-Crashs) an den Aktienmärkten zulassen. Zumal ja die Inflation bald stark zurückgehen dürfte, was sie jedoch ohne die hawkische Fed getan hätte. Dann aber wird man die Geldschleusen wieder öffnen und Wachstumswerte wie auch Kryptowährungen wieder steigen.
Es muss und wird aber erst (kurzfristig) noch schlechter werden, ehe es dann mittel- bis langfristig wieder gut wird. In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!