Größer könnte der Unterschied kaum sein. Denn während die US-Notenbank mit Blick auf die beständig steigenden Inflationsraten in den Vereinigten Staaten immer nervöser wird und ihre Geldpolitik inzwischen mit einem Tempo strafft, das noch vor wenigen Wochen für viele undenkbar war, scheint die Bank of Japan weiterhin keine Eile zu haben, ihre Geldpolitik zu überdenken.
Zwar hat auch die japanische Notenbank ihre Prognosen für die Entwicklung der Preise angehoben, doch dies nur leicht. Beobachter der Szene gehen deshalb davon aus, dass die Bank of Japan an ihrer expansiven Geldpolitik ebenso wie die Europäische Zentralbank noch länger festhalten wird.
In Japan bleiben die Zinsen nach dem jüngsten Beschluss der Zentralbank auch weiterhin bei nahezu null Prozent. Die Zinsen kurzfristiger Staatsanleihen notieren sogar leicht im negativen Bereich und selbst für japanische Staatsanleihen mit der langen Laufzeit von zehn Jahren werden keine Zinsen fällig.
Die Bank of Japan setzt ihren Sonderweg fort: Keine Inflation
Angehoben wurde allein die Erwartungen bezüglich der zukünftigen Inflation in Japan. Für das laufende Jahr erwartet die Notenbank nun Preissteigerungen von 1,1 Prozent. Zuvor war die Bank of Japan noch von einer Teuerung von 0,9 Prozent ausgegangen. Da allerdings auch die neue Inflationserwartung immer noch deutlich unter dem Inflationsziel von zwei Prozent liegt, sieht die Bank of Japan weiterhin keinen Grund, ihre Geldpolitik zu revidieren.
Wie unterschiedlich die Situation in Japan ist, zeigt ein Blick über das Meer zum direkten Nachbarn und wirtschaftlichen Konkurrenten Südkorea. Hier wird die Zinswende bereits vollzogen. In der vergangenen Woche hob die Bank of Korea ihren Leitzins erneut an und vollzog damit seit August 2021 bereits die dritte Anhebung. Durch diesen Schritt liegt der Zinssatz in Südkorea nun wieder bei 1,25 Prozent, was dem Niveau vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie entspricht.
Ein wesentlicher Unterschied für das Zögern der japanischen Notenbank ist die Schwäche der eigenen Industrie. Diese ist nämlich anders als jene in den USA nicht in der Lage, Preiserhöhungen durchzusetzen, womit deutlich wird, dass die Jahre der Deflation immer noch nachwirken.
Auch die hohe Verschuldung der japanischen Regierung stellt ein wesentliches Motiv für die Zurückhaltung der Bank of Japan dar, denn stark steigende Zinsen dürften den japanischen Staatshaushalt sehr schnell sprengen. Dieses Argument und die aus ihm abgeleitete Vorgehensweise der Notenbank sollte auch uns Europäern recht bekannt vorkommen.