Der Anstieg der häuslichen Gewalt ist eine der unerwünschten Begleiterscheinungen der staatlich verordneten Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus. Allerdings wird das gesamte Ausmaß dieser Tragödie in der amtlichen Polizeistatistik nicht deutlich. Dies offenbart eine neue Recherche, die das Münchener Ifo Institut in dieser Woche vorgelegt hat.
Erhoben wurde die Statistik für die britische Hauptstadt London. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Ergebnisse in anderen europäischen Städten und Ländern ähnlich sein werden. Darauf deutet ein Vergleich mit amerikanischen Daten aus der kalifornischen Großstadt Los Angeles. Für Deutschland hat das Bundeskriminalamt für das Jahr 2020 ebenfalls einen Anstieg der Zahlen für häusliche Gewalt bestätigt.
Berechnet wird der neu entwickelte Indikator durch die Suche nach 35 Suchbegriffen zur häuslichen Gewalt im Internet. Dies hat den Vorteil, dass im Gegensatz zur amtlichen Polizeistatistik nicht nur die zur Anzeige gebrachten Fälle erfasst werden können, sondern auch jene Fälle, die ansonsten nicht erfasst werden können, weil sie ganz oder teilweise im Dunkeln verbleiben.
Häusliche Gewalt während Corona sieben Mal höher als in den Polizeistatistiken ausgewiesen
Bei der Betrachtung dieses Index wird deutlich, dass die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt in London während des politisch verordneten Corona-Lockdowns im März 2020 sehr stark angestiegen ist. Schon in den Jahren vor der Pandemie war im Zeitraum vom 1. April 2015 bis 31. Dezember 2019 ein hoher Zusammenhang mit der amtlichen Kriminalstatistik zu beobachten. Nachdem die Briten von ihrer Regierung in den Lockdown geschickt wurden, stiegen die Suchzahlen zur häuslichen Gewalt in London jedoch deutlich stärker an als die Zahl der Anzeigen bei der Polizei.
„Dieser Index zeigt einen siebenfach höheren Anstieg von Fällen häuslicher Gewalt, als er in Polizeistatistiken erfasst wurde“, erklärt Helmut Rainer, Leiter des Ifo Zentrums für Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsökonomik. „Ähnlich war es mit Daten aus Los Angeles. Die amtliche Kriminalstatistik kann daher vermutlich den Umfang des Problems nicht umfassend zeigen. Viele Krisen – wie die derzeitige Pandemie, schwere wirtschaftliche Abschwünge oder Naturkatastrophen – bergen das Risiko, dass häusliche Gewalt zunimmt. Herkömmliche Datenquellen sind jedoch oft nicht aussagekräftig genug.“
Unterstützt wird diese Ansicht durch die Berichte von Selbsthilfegruppen für Frauen und Beratungsstellen für häusliche Gewalt. Auch sie berichteten weltweit von einem Anstieg der häuslichen Gewalt zwischen 25 und 80 Prozent. Die vom Ifo Institut für London ermittelten Zahlen legen einen Anstieg von 40 Prozent nahe. Die Forscher vermuten, dass die Lockdowns und die Selbstisolierung während der Pandemie die Möglichkeiten von Opfern häuslicher Gewalt, gegen Täter polizeilich vorzugehen, sehr stark eingeschränkt haben.