Auch wenn der Euro seit einigen Tagen gegenüber dem US-Dollar und anderen harten Währungen wieder etwas aufwertet: Solange die Europäische Zentralbank den Zinserhöhungen der US-Notenbank und anderer westlicher Notenbanken nicht oder nur sehr zögerlich folgt, wird der Euro schwach und die Inflation damit höher sein als sie sein müsste, denn ein großer Teil der Teuerung ist aus dem Ausland importiert.
Die zu Wochenbeginn vorgelegten neuesten Daten zur deutschen Import- und Exportstatistik belegen diesen Zusammenhang erneut. So verteuerten sich die Importpreise im April 2022 im Vergleich zum Vorjahr nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts (Destatis) um 31, Prozent. Die Exporte verteuerten sich im Vergleich zum April 2021 hingegen nur um 16,0 Prozent.
Der Unterschied ist eigentlich zu groß, als dass ihn eine Zentralbank dauerhaft ignorieren könnte, aber der EZB gelingt auch das. Auch auf monatlicher Ebene zogen die Preise beim Import von Gütern deutlich stärker an als bei der Ausfuhr. So lag die Teuerung im April im Vergleich zum März 2021 bei den Importen bei 1,8 Prozent, während sich die Exporte im gleichen Zeitraum nur um 0,8 Prozent verteuerten.
Stärkster Anstieg seit September 1973
Um einen noch höheren Anstieg der Importpreise zu finden, muss man bei den Statistiken bis in den September des Jahres 1974 zurückgehen. Damals erschütterte gerade die erste Ölkrise die westliche Welt und die Importpreise erhöhten sich im Vergleich zum September 1973, dem letzten Monat vor dem Beginn des Jom-Kippur-Kriegs, der zu einem Ölembargo der arabischen Staaten führte, um 32,6 Prozent.
Auch jetzt ist es wieder ein Krieg, der ohnehin im Steigen begriffene Energiepreise nochmals angeheizt hat. So lag der Anstieg der Importpreise im Februar 2022 noch bei hohen 26,3 Prozent. Im März wurde ein Anstieg von 31,2 Prozent registriert, der sich im April nochmals leicht auch 31,7 Prozent erhöht hat.
Anders als in den 1970er Jahren steigen heute allerdings nicht nur die Kosten für die Energieeinfuhren. Rohstoffe aller Art, also auch die Industriemetalle, aber auch die Nahrungsmittel, sind deutlich teurer geworden. Das war vor 50 Jahren noch anders. Auch damals folgte die allgemeine Preisentwicklung den gestiegenen Energiekosten. Dies geschah allerdings mit einem gewissen Zeitverzug. Diesen sehen wir heute nicht, denn auch ohne die Berücksichtigung der Energiepreise wären die Importpreise im April 2022 um 17,1 Prozent höher als im April 2021 und 2,3 Prozent höher als im Vormonat gewesen.