„Wer hat, dem wird gegeben werden.“ Manchmal scheint es, als sei das deutsche Steuerrecht ganz besonders unter dieser Prämisse geschrieben worden, denn der deutsche Staat neigt durch seine Besteuerung dazu, die Besitzenden gegenüber den Nichtbesitzenden zu bevorzugen. Ein Bereich, in dem diese Ungleichbehandlung sehr offensichtlich wird, ist der Immobiliensektor.
Investitionen in Immobilien sind allein schon aufgrund ihrer Höhe nichts für kleine Geldbeutel. Allein dadurch haben die Vermögenden gegenüber den normalen Erwerbstätigen einen Startvorteil, denn sie kommen leichter und zumeist auch zu günstigeren Zinssätzen an Kredite für neue Investitionen, weil sie den Banken bessere Sicherheiten bieten können.
Hinzu kommt der Wettbewerbsdruck, der derzeit auf den ohnehin schon hart umkämpften Immobilienbeständen lastet. Auch er bevorteilt tendenziell die finanziell besser gestellten Menschen, ist aber noch nicht dem Staat anzukreiden. Das ändert sich jedoch in dem Augenblick, in dem die Grenze zur Steuergesetzgebung überschritten wird.
Arbeitseinkommen werden hoch, Vermögenszuwächse niedrig besteuert
Der Immobilienbereich kennt immer noch ein Steuerprivileg, das bis 2008 auch für die Anlage in Aktien galt: Nach einer bestimmten Haltedauer wurden die erzielten Kapitalgewinne steuerfrei. Wer vor 2008 eine Immobilienaktie oder eine andere Aktie kaufte, vereinnahmte seine Gewinne steuerfrei, sobald er das Wertpapier länger als ein Jahr hielt.
Heute werden die Kursgewinne unabhängig von der Haltedauer pauschal mit einem Steuersatz von 25 Prozent belegt. Dieser liegt gerade für Besserverdiener immer noch unter dem persönlichen Spitzensteuersatz. Werden Immobilien gekauft und über einen Zeitraum von zehn Jahren gehalten, sind die Veräußerungsgewinne in der Regel immer noch steuerfrei.
Das kann gerade im Zusammenwirken mit den niedrigen Zinssätze, die aktuell für Immobilienkredite zu zahlen sind, zu hohen und auch weitgehend steuerfreien Renditen führen. Es liegt auf der Hand, dass gerade die Besitzer größerer Häuser- oder Wohnungsbestände von dieser Regelung profitieren, denn es können bei Bedarf geschickt immer die Immobilien veräußert werden, die bereits seit mehr als zehn Jahren im Bestand sind.