In einem Interview mit der Wirtschaftswoche äußerte sich Timo Wollmershäuser zuversichtlich zu den Aussichten der deutschen Wirtschaft für das kommende Jahr. Seine positive Einschätzung setzt allerdings voraus, dass sich die Probleme bei den Lieferketten auflösen und eine normale Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten wieder möglich wird.
Timo Wollmershäuser ist Konjunkturchef und stellvertretender Leiter des Zentrums für Makroökonomik und Befragungen am Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung und zählt damit zu den führenden Wirtschaftsfachleuten in Deutschland. Doch auch er musste zugeben, dass er die aktuellen Probleme bei den Lieferketten im Frühjahr nicht hatte kommen sehen.
Seine Prognose für die Entwicklung der deutschen Industrie fiel daher für das laufende Jahr zu optimistisch aus und wurde in der Zwischenzeit deutlich gesenkt. Zu diesem Schritt haben sich auch andere Wirtschaftsforschungsinstitute entschlossen. Für das laufende Jahr wird deshalb nur noch mit einem Wachstum von 2,4 Prozent gerechnet.
Alles steht und fällt mit den Lieferketten
Für das kommende Jahr hingegen erhöhte Wollmershäuser seine Prognose von bislang 3,9 auf nunmehr 4,8 Prozent Wachstum. Im Hintergrund stehen die vollen Auftragsbücher der deutschen Industrie. Sie konnten aufgrund der anhaltenden Knappheit von Material und Vorprodukten zu einem großen Teil allerdings nicht abgearbeitet werden.
Das ermöglicht für 2022 ein stärkeres Wachstum, sollten sich die Lieferketten wieder normalisieren. Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass sich auch die Nachfrage der Konsumenten wieder stärker von den Waren hin zu den Dienstleistungen verschiebt. Auch dieser Effekt hin zu einer Nachfragestruktur wie sie vor der Pandemie gegeben war, dürfte das Wachstum befeuern.
„Dieser Aufschwung steht und fällt aber damit, ob sich die Lieferengpässe tatsächlich auflösen oder nicht“, mahnte Timo Wollmershäuser. Setzen sich allerdings die gegenwärtigen Probleme auch im nächsten Jahr fort, wird der erhoffte Aufschwung ausfallen. Die Folgen könnten dabei durchaus drastisch sein. „Die Frage ist, wie lange das noch so weitergehen kann. Es wird zu weiteren Einkommensverlusten kommen, im schlimmsten Fall sogar zu vermehrter Arbeitslosigkeit, wenn sich die Engpässe langfristig fortsetzen.“
Beim leidigen Thema Inflation kann der stellvertretende Ifo-Leiter den Konsumenten ebenfalls keine große Hoffnung machen. Auch die kommenden Monate werden aufgrund der steigenden Energiepreise von Inflation gekennzeichnet sein. „Zumindest kommt in den nächsten Monaten noch einiges auf die Verbraucher zu.“