Auf den ersten Blick haben die Corona-Pandemie und die in ihrem Zuge auf den Weg gebrachten Maßnahmen gegen das Virus nicht viel mit dem vom russischen Präsidenten Wladimir Putin Ende Februar gestarteten Angriff auf die Ukraine zu tun. Gemeinsam ist beiden so grundverschiedenen Themen jedoch, dass der geneigte Zuschauer wieder lernen muss, auf die Leerstellen also auf das nicht oder nicht mehr Gesagte, zu achten.
Tut man dies in dieser Woche, lassen sowohl das deutsche Robert Koch Institut wie auch der Sprecher des russischen Präsidenten, Dimitri Peskow, aufhorchen:
Das RKI hat in den vergangenen Tagen mehr oder weniger einer allgemeinen Impfpflicht die Grundlage entzogen, denn diese wurde immer mit dem Bevölkerungsschutz begründet. Medizinisch halten lässt sich die Behauptung allerdings immer weniger und darauf reagiert auch zunehmend das RKI. Im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen wird deshalb nicht mehr behauptet, die Impfung schütze vor einer Covid-19-Erkrankung und trage dazu bei, dass weniger Menschen angesteckt werden.
Stattdessen formuliert das RKI inzwischen in seiner Risikobewertung nur noch: „Die Impfung bietet grundsätzlich einen guten Schutz vor schwerer Erkrankung und Hospitalisierung durch COVID-19, dies gilt auch für die Omikronvariante. Die Schließung von Impflücken und Auffrischimpfungen entsprechend den STIKO-Empfehlungen sind daher sehr wichtig. Die Schutzwirkung gegenüber einer Infektion lässt allerdings nach wenigen Monaten nach, sodass angesichts der hohen Zahl von Neuinfektionen die konsequente Einhaltung der AHA+L-Regeln und eine Kontaktreduktion weiter zur Reduktion des Infektionsriskos erforderlich sind.“
Also nichts mehr mit dem oft beschworenen Selbstschutz und dem immer wieder behaupteten Fremdschutz. Vor einer Übertragung schützen Abstandsregeln und Kontaktreduktionen mehr als eine Impfung und deren Wirkung lässt nach wenigen Monaten, vielleicht sind es auch eher Wochen, so stark nach, dass das RKI im Gegensatz zu früheren Empfehlungen nicht mehr bereit ist, von einer Schutzwirkung für andere zu sprechen.
Putins fehlende Forderungen nähren die Hoffnung auf einen Frieden
Auch bei Wladimir Putin lassen zwei wichtige Leerstellen aufhorchen. Bislang hatte er der Ukraine einen Forderungskatalog präsentiert, der fünf Punkte umfasste. Nun könnte der russische Präsident jedoch auf der Suche nach einer gesichtswahrenden Lösung sein, denn in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters nannte sein Sprecher, Dimitri Peskow, nur noch drei Forderungen, welche die Ukraine zu erfüllen habe.
Anzuerkennen als „unabhängige Staaten“ seien die Separatistenrepubliken Donetsk und Luhansk im Osten der Ukraine. Ebenso müsse Kiew anerkennen, dass die Krim zu Russland gehört. In der Verfassung müsse anschließend noch die Verpflichtung zu einer dauerhaften militärischen Neutralität festgeschrieben werden.
Nicht mehr erwähnt wurden die Forderungen nach einer Entnazifizierung und einer vollständigen Entmilitarisierung der Ukraine. Mit Ersterer umschreibt Moskau die Forderung nach einem Regierungswechsel und einer neuen, moskaufreundlichen Regierung. Während der Wegfall der zweiten Forderung bedeuten könnte, dass sich Russland auch mit einer militärisch gerüsteten Ukraine abfinden könne, solange diese kein NATO-Mitglied wird.