Amerika streitet wieder einmal darum, ob die Obergrenze für seine Schulden angehoben wird und bis zu welchem Betrag. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat das Ringen um die Schuldenobergrenze immer wieder das Geschehen auf der politischen Bühne in Washington bestimmt. In der Rolle des Blockierers agiert dabei immer jenes Lager, das die letzte Präsidentenwahl verloren hat. Aktuell sind das die Republikaner.
Den Präsidenten vor der eigenen Bevölkerung als handlungsunfähige lahme Ente darzustellen, ist ein wichtiges Element der politischen Show, die dabei in schöner Regelmäßigkeit zur Aufführung kommt. Dass dabei auch das Ausland interessiert zuschaut und in diesem möglicherweise massive Zweifel an der amerikanischen Zahlungsunfähigkeit aufkommen, wird von beiden Seiten billigend in Kauf genommen.
Geeinigt hat man sich dabei immer, wenn auch meist auf den letzten oder allerletzten Drücker. Doch einen für beide Seiten tragbaren Kompromiss zu finden, wird angesichts der zunehmenden Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft immer schwieriger. In diesen Tagen tickt die Uhr erneut, denn bis Mitte Januar muss der Kongress eine Lösung für das Problem finden.
Erinnerungen an 2011 werden wach
Im Oktober war der Zahlungsausfall kurzfristig vermieden worden. Doch der im Vormonat gefundene Kompromiss war keine tragfähige Lösung, sondern nur ein provisorischer Schritt zur Abwendung der ganz großen Katastrophe. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben und so wird die US-Regierung Mitte Dezember wieder jenen Punkt erreichen, an dem ihr die Gesetze des Landes die Aufnahme weiterer Schulden verbieten.
Die kommenden Wochen versprechen deshalb hart und nervenaufreibend zu werden. Mitch McConnell, der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, hat bereits verlauten lassen, dass seine Partei nicht mehr bereit ist, die „rücksichtslose, parteipolitische Ausgabenwut“ der Biden-Administration durch neue Kredite zu finanzieren. Schließlich sei dies nur eine Hypothek zu Lasten der kommenden Generationen. m
Im Lager der regierenden Demokraten wird dies naturgemäß anders gesehen. Zwar sind sich auch die demokratischen Abgeordneten bewusst, dass die Ausgabenpläne der Regierung teuer sind. Doch innerhalb der Partei hat die Modern Money Theory viele Anhänger. Das bedeutet, dass Schulden nicht mehr als ein Problem gesehen werden, das es zu vermeiden gilt, sondern ein notwendiges Mittel darstellen, um politisch wichtige Aufgaben durchzusetzen und zu finanzieren.
Als die Republikaner im Jahr 2011 die Anhebung der Schuldenobergrenze lange Zeit blockierten, brachten sie die Präsident Obama in ernste Probleme, denn es dauerte am Ende sieben Monate bis ein Kompromiss gefunden war. Sollte die aktuelle Debatte die Finanzmärkte ebenso lange in Atem halten, droht den Anleihenmärkten ein sehr aufreibendes erstes Halbjahr 2022.