Zwischen den Jahren kommt’s mir vor, als würden alle erst einmal Atem holen. In Osteuropa hat sich die außenpolitische Lage etwas entspannt. Unsere Berliner Ampel gibt sich rührig, aber nicht hektisch. Die vierte Corona-Welle ebbt seit einigen Tagen ab. Die Wirtschaftsdaten aus Asien, Amerika und Europa bleiben gemischt. Für die Wall Street sieht’s uneinheitlich bis gut aus. Für Europa sind die Prognosen mehrheitlich auch nicht übel. Kontrovers diskutiert wird vor allem über die Inflationsaussichten 2022. An Warnungen inzwischen kein Mangel mehr. Und die Börse? Wie üblich ruhig nach Weihnachten, aber vom Umfeld ziemlich unbeeindruckt und unverändert solide.
Gehen wir vom aktuellen Stand aus, dann legt der Dax in diesem historisch-brisanten Jahr bis zum Ultimo gut 15 Prozent zu. Halleluja! Unser Leitindex ist zweifellos einer der Highlights des alten Jahres. Die Performance der Aktienkurse liegt weit über dem langfristigen Durchschnitt. 2021 ist ein weiterer Beleg für die Qualität der Aktienanlage. Außerdem geht ein Jahr zu Ende, das für einen Anlageschwerpunkt auf Heimatwerte spricht (Stichwort: Home Bias).
Der „TINA“-Grundsatz wird 2022 bleiben
Kann 2022 nochmal ein so guter Jahrgang werden? Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass sich die führenden Finanzmärkte im Jahresverlauf zunehmend unterschiedlich entwickeln dürften. Dafür spielen die jeweiligen Zentralbanken eine mitentscheidende Rolle. Jedenfalls Hände weg von Staatsanleihen. Dagegen kommen Sie an Aktien nach wie vor nicht vorbei, geschätzte Anleger. Denn am “TINA“-Grundsatz (There Is No Alternative) wird sich wohl nix ändern.
Wenn Sie in diesen Tagen einen gründlichen Depotcheck machen, liebe Leser, dann sollten Sie auf eine breite internationale Mischung achten. Die Top-Schwellenländer aus Asien – 2021 gegenüber dem Westen vernachlässigt – könnten 2022 zu den Gewinnern gehören. Dann wäre das von mir bevorzugte Aktien-Trio aus China (und Indien), Deutschland und der Wall Street eine starke Grundlage. Und die Liquidität kann man im ersten Quartal vorsichtshalber weiter erhöhen, bis deutlicher wird, wie sich Pandemie und Inflation weiterentwickeln. Nicht vergessen: Alternativ zu Cash bietet sich physisches Gold als Sicherheitselement an.
Enttäuschender Jahresauftakt wäre nicht überraschend
Kurzfristige Anleger sollten nicht ausschließen, dass 2022 enttäuschend beginnen und zunächst (im ersten Quartal?) auch so bleiben wird. Solche Aussicht wäre für Börsen-Bären Grund genug, erst einmal still zu halten und nichts zu tun. Doch gibt es sogar Warnungen vor einer weiteren Zuspitzung der Krisenentwicklungen. Und wer wegen Corona und Inflation voller Angst dem neuen Jahr entgegenblickt, aber jetzt schon investieren will, dem bleibt bis auf weiteres nur eine Anlageklasse: Gold.
Eine neue Studie zum Goldmarkt der internationalen Investment-Gruppe VanEck, ein Goldspezialist mit Sitzt in Amsterdam, zur rechten Zeit: Die gute Nachricht für Gold: Der Besitz von Gold in einem Umfeld steigender Inflation ist eine gute Idee ist. Die schlechte Nachricht für Gold ist jedoch, dass der Markt weiterhin mit der Frage ringt, wie effektiv die Fed die Inflation bekämpfen kann und inwieweit die erwarteten Straffungspläne das Wirtschaftswachstum verlangsamen oder gar abwürgen und die Risiken im Finanzsystem erhöhen könnten.
Aktien der Goldminen bleiben attraktiv
Warum man Aktien von Bergbaugesellschaften immer noch besitzen sollte? Es wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Goldminenaktien in einem Umfeld steigender Goldpreise gut laufen. Dies ist ein stichhaltiges Argument, da der von den Goldunternehmen erwirtschaftete Cash-flow in hohem Maße vom Goldpreis abhängt. VanEck-Strategen schätzen, dass ein Anstieg des Goldpreises um etwa 10 Prozent zu einem um etwa 30 Prozent höheren Cash-flow für die Goldproduzenten führt, weshalb die Kursschwankungen von Aktien ein Vielfaches der Goldpreisentwicklung in einem bestimmten Zeitraum betragen können. Dies gilt natürlich in beide Richtungen, d. h. sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Goldpreisen.
In diesem Jahr lag der Goldpreis bisher im Durchschnitt bei etwa 1.800 Dollar pro Unze. Bei diesen Preisen erwirtschaften die Goldunternehmen einen erheblichen freien Cash-flow. Die Margen sind sehr gesund, und die Unternehmen verfügen über überschüssige Barmittel, die sie in ihre Betriebe investieren und an die Anteilseigner zurückgeben können, selbst wenn der Goldpreis dort bleibt, wo er heute ist. Die Konsolidierung des Goldpreises im Bereich von 1.750 bis 1.800 Dollar zieht in diesem Jahr eine verstärkte physische Nachfrage aus China und Indien nach sich, heißt es in der Studie weiter, wobei sich die Nettokäufe der Zentralbanken inzwischen dem Niveau vor der Pandemie nähern. Fazit: In einem Worst-Case-Szenario sollte ein Engagement in Gold helfen, den Sturm zu überstehen. Und selbst im besten Fall könnte sich ein Engagement in Gold, insbesondere in Form von Goldminenaktien, als vorteilhaft erweisen.