Schon oft waren die Anleger der Meinung, dieses Mal sei alles anders, und positionierten sich entsprechend. Meist taucht der Satz in ausgeprägten Haussen auf, wenn warnende Stimmen, die auf den Verlauf früherer Boom- und anschließenden Crash-Phasen verweisen, mit diesem Hinweis zum Schweigen gebracht werden sollen.
In den meisten Fällen ist allerdings nichts anders. Die Gier der Anleger wird irgendwann grenzenlos und für Aktien und andere Dinge, die gerade in Mode sind, werden utopische Phantasiepreise bezahlt. Dabei ist es vollkommen unerheblich, ob es um Tulpen, Aktien oder Bitcoins geht. Wenn die Anleger einmal die Bodenhaftung verlieren und die Spekulation überhand nimmt, ist der Crash meist nicht mehr weit.
Aktuell könnte der Satz „Dieses Mal ist alles anders“ allerdings sehr wohl zutreffen. Trotzdem ist zu erwarten, dass diese Wendung den Anlegern ebenfalls nicht gefallen wird. Gemeint damit ist folgendes: Der aktuelle Bärenmarkt wird anders verlaufen als der letzte Bärenmarkt, denn dieser war absolut untypisch und ist deshalb kein Vorbild für das, was uns in den kommenden Wochen und Monaten bevorsteht.
Der Corona-Crash vom Frühjahr 2020 ist keine Blaupause für das, was in den kommenden Monaten geschehen wird
Der letzte Bärenmarkt, also ein Einbruch der Kurse um mehr als 20 Prozent, war der kurze Crash der Aktienkurse, als das Corona-Virus im Frühjahr 2020 zunächst Europa und schließlich auch die USA erreichte. Zunächst zeigte sich die Börse unbeeindruckt, doch ab dem 20. Februar kollabierten die Kurse. Im März herrschte dann allgemeine Panik.
Sie löste sich allerdings recht schnell wieder in Wohlgefallen auf, denn schon im April stiegen die Kurse erneut an und bis zum Herbst notierten die Kurse vieler Aktien über dem Niveau vom Jahresanfang. Der Corona-Bärenmarkt erwies sich damit als der kürzeste der Börsengeschichte, denn er dauerte kaum zwei Monate.
Verantwortlich dafür war die lockere Geldpolitik der Notenbanken. Sie wurde nochmals extremer praktiziert als in den Jahren zuvor und überschwemmte die Börse mit Geld, das die Aktien nur noch steigen ließ. Auf eine solche Entwicklung hoffen auch jetzt wieder viele Anleger.
Die Notenbanken werden vom Freund zum Bremser
Das ist verständlich, aber leider nicht sehr realistisch, denn dafür müssten die Notenbanken die Inflation ignorieren und eine neue Geldschwemme verursachen. Dass diese die extrem hohe Teuerung nur noch weiter anheizen würde, ist klar, und aus genau diesem Grund wird sie nicht kommen.
Für die Börsen bedeutet dies, dass sie ohne die Unterstützung der Notenbanken auskommen müssen. Mehr noch: Ihnen wird durch die kräftige Reduzierung der Bilanzsummen auch noch massiv Geld entzogen. Es gibt also keinen Rücken-, sondern kräftigen Gegenwind. Oder anders formuliert: Dieses Mal ist alles anders als im März 2020, denn die Notenbanken stehen auf der Gegenseite.