Karl Lauterbach ist in den Augen von Hendrik Streeck, einem bekannten Virologen aus der Corona-Zeit, nicht oder schwach daran interessiert, die Pandemie aufzuarbeiten. Die Politik habe insgesamt dabei einen Fehler gemacht, weil sie „viel Schaden“ angerichtet hat.
Hat die Politik mit ihrer Corona-Haltung (bezogen auf die Aufarbeitung) „viel Schaden angerichtet“?
Streeck äußert sich in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“, die eine ganze Serie zum Thema herausgibt. Streeck gibt an, im April wahrscheinlich zum letzten Mal mit Karl Lauterbach gesprochen zu haben. Er habe bei einer Veranstaltung dafür geworben, die Pandemie aufzuarbeiten. Lauterbach habe „andere Schwerpunkte gesetzt“.
Er, Streeck, halte es auf „jeden Fall“ für einen Fehler, dass es bis dato noch keine ernsthafte Aufarbeitung der Pandemie-Politik gegeben habe. Es ginge dabei nicht darum, Personen anzuklagen, sondern darum, die Krise zu nutzen, um aus ihr zu lernen. Die Corona-Politik sei mit einem hohen Vertrauensverlust in die Regierungspolitik einhergegangen.
Dabei könnte eine Aufarbeitung helfen, um Vertrauen zurückzugewinnen, zudem den Zusammenhalt zu stärken und auch Lehren für künftige Pandemie zu gewinnen.
Zahlreiche Menschen würden sich in der Pandemie ungerecht behandelt gefühlt haben, ausgeschlossen oder übergangen fühlen. Sofern dies nicht aufgearbeitet würde, „stoßen wir jenen ein zweites Mal vor den Kopf“.
Zum Thema „verengte Diskussion“ erinnert Streeck daran, er habe in der Pandemie relativ früh Dine gesagt, für die er dann heftig angegangen worden sei. Ein Beispiel: „Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben“. Damals habe das – im Gegensatz zum heutigen Tag – niemand hören wollen. Die Vorstellung es gäbe nur eine Wissenschaft oder „die“ Wissenschaft, hätte schnell dominiert.
Die Bundespolitik allerdings habe offenbar kein Interesse daran, die Zeit und die Politik aufzuarbeiten: „wohl aus Angst, dass einzelne Akteure Schaden nehmen könnten“.