Das Verfassungsgericht in Deutschland ist institutionell unabhängig und nicht an die Weisungen aus der Exekutive (etwa „der Politik“) gebunden. Dies ist ein fundamentales Konstrukt dieser Demokratie. Jüngst tagten Kanzlerin und Verfassungsrichter sowie Mitglieder der Bundesregierung zusammen und tafelten. Dabei sprach die Justizministerin Christine Lambrecht von der SPD über die Corona-Politik der Regierung. Ein kurioser Vorgang, den wohl Stephan Harbarth als Präsident des Verfassungsgerichtes selbst veranlasste, so die „Welt am Sonntag“.
Beeinflusste die Politik die Justiz indirekt?
Dem Bericht nach hat der sich dafür eingesetzt, die Tagesordnung zum Treffen ausgerechnet in diesem Punkt selbst zu korrigieren. Es sollte, so forderten er und seine Stellvertreterin Doris König offenbar, über die „Rechtsetzung in Europa und das Zusammenspiel von EU- und deutschem Recht gesprochen werden, sowie in einem zweiten Vortrag um ‚Entscheidung unter Unsicherheiten‘“.
Das Kanzleramt, so die „Welt“, soll die Brisanz dieser Forderung in einem Vermerk angedeutet haben. Die Themen wären grundsätzlich für eine Diskussion geeignet, so soll es im Vermerk heißen. Nur würden die Themen „auch aktuelle Streitpunkte“ berühren. Wie wahr: Dies sind zum Beispiel die vor dem Verfassungsgericht eingereichten Eilanträge gegen die Corona-Notbremse gewesen.
Das Treffen fand am 30. Juni statt. Die Diskussion um die mögliche Einflussnahme allerdings hat sich bis dato in der Medienlandschaft kaum eine Berichterstattung gezeigt. Hier geht es zumindest aus politischer Sicht durchaus um die informelle Unabhängigkeit der wichtigsten juristischen Instanz im Lande. Die Kritik entzündet sich regelmäßig auch daran, dass Angela Merkel den vormaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Stephan Harbath selbst an die Spitze des Verfassungsgerichts gesetzt hat.