Die Folgen der Pandemiebekämpfung sind in Deutschland noch nicht massiv absehbar. Weltweit jedoch haben sich diverse Schäden eingestellt, die hierzulande teils wohl kaum bekannt sind. Der „Spiegel“ hat ein Interview mit einem Ökonomen geführt, der sich wissenschaftlich mit den Folgen auseinandergesetzt hat.
Der Kern der Botschaft: Es sterben bei bestimmten Maßnahmen mehr Kinder, als Erwachsene gerettet werden.
Sterblichkeit zwischen den Generationen
Der Ökonom hat die wirtschaftlichen Folgen der Lockdowns als eine „Art Tausch bei der Sterblichkeit zwischen den Generationen“ bezeichnet, der quantifiziert, also mess und sichtbar gemacht werden müsste. Die Pandemiebekämpfung, so wie wir sie kennen, rette Leben, „vor allem die älterer Erwachsener“. Die wirtschaftlichen Folgen allerdings sind gleichfalls zu untersuchen. Die Vergangenheit zeige, dass die Sterblichkeitsrate von Kindern, insbesondere denen im Alter von 2 Jahren bzw. darunter, sehr deutlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhinge.
Der Lockdown würde, vereinfacht betrachtet, zu einer Rezession führen. Lockdown-Staaten haben „bis zu 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes“ verloren. Die Haushalte verlieren Einkommen, die in den ärmsten Ländern der Welt wiederum nicht ausgeglichen werden können. Da die Regierungen keine Mittel hätten, könne es zu Mangelernährung bzw. sogar Hunger kommen. Schließlich wäre zudem der Zugang zur medizinischen Hilfe eingeschränkt.
Kommt es zu einer Rezession, nimmt die Kindersterblichkeit zu. 2009, als es zu einer globalen Finanzkrise kam, seien in Afrika 28.000 bis 50.000 Kinder „zusätzlich“ verstorben, so die Schätzungen.
Nun haben er und Kollegen in einem Modell einen „harten Lockdown“ wie in Europa simuliert. Dieser habe sieben Wochen gedauert und die ökonomische Aktivität um 38 % reduziert. Dem Modell nach sei die Kindersterblichkeit in den USA und Europa nicht höher. Auch in China oder Brasilien wäre der Effekt gering. Dort wären auf 100 gerettete erwachsene Menschen drei Sterbefälle bei Kindern gekommen. „In den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt“ wären im Mittel 1,7 Kinder pro gerettetem Erwachsenen gestorben.