Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat kürzlich ein durchaus brisantes Urteil zu der Ausgangssperre gesprochen, die das Bundesland Bayern im März 2020 verhängt hatte. Diese sei „unwirksam“, berichtet etwa die „Welt“. Dennoch gibt es keine Reaktion
Gericht: Söders Menschenbild fragwürdig
Dieses Urteil wird demnach allerdings beim Bundesverwaltungsgericht zur Revision zugelassen. So sei, meint die „Welt“, eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung möglich, die bislang in der Pandemie-Zeit fehle.
Das Urteil könnte eine juristische Klatsche für Markus Söders Ausgangssperre im März 2020 darstellen. Denn die Zeitung zitiert aus dem nicht veröffentlichten Urteil einige Passagen. Im Kern wird die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen angezweifelt.
Es sei eine lediglich „oberflächige Güterabwägung“ vorgenommen worden, resümiert die Redaktion. Hier hatte ein Kläger sich gegen die Ausgangsbeschränkung gewehrt, die es den Bürgern untersagte, das Haus zu verlassen. Wenige Ausnahmeregelungen wie etwa der Weg zur Arbeit oder auch das Einkaufen oder allein durchgeführte Spaziergänge (oder mit Familienmitgliedern) seien unverhältnismäßig gewesen.
Die Regelung der Bayern wäre ein Verstoß gegen „das Übermaßverbot aus höherrangigem Recht“ und damit „unwirksam“. Dieses Verbot wiederum beschreibt, dass eine Maßnahme der „öffentlichen Gewalt“ dann ausbleibe muss, wenn die daraus resultierenden Nachteile für Betroffene „außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen“. Das Gericht beschreibt, die Ausgangsbeschränkung wäre „keine notwendige Maßnahme“ im Sine des Infektionsschutzgesetzes gewesen. Die verlangten „triftigen Gründe“ für das Verlassen der Wohnung seien so eng gefasst, dass die Norm im Ergebnis gegen das Übermaßverbot verstoßen würde.
Die Generalklausel, § 28 Infektionsschutzgesetz, sei hiernach nicht als Rechtsgrundlage der Verordnung geeignet oder dies sei zumindest zweifelhaft. „Es bestehen bereits Zweifel, ob der historische Gesetzgeber des Bundesseuchengesetzes und daran im Anschluss des Infektionsschutzgesetzes tatsächlich die Generalklausel des Paragrafen 28 auch im Hinblick auf sogenannte Lockdowns oder Shutdowns entwickelt hat, in dem Sinne, dass den Landesregierungen oder den subdelegierten Stellen der Erlass solch umfassender, das gesamte öffentliche Leben eines Landes tiefgreifend umgestaltender Einschränkungen erlaubt werden sollte“. Es sei lediglich um Einschränkungen wie Badeverbote an bestimmten Gewässern etc. gegangen.
Zudem würde die Söder-Regierung es unterlassen haben, bei der Auswahl der Maßnahmen unter „mehreren gleich geeigneten Mitteln das die Grundrechte der Normadressaten weniger belastende zu wählen“.
Worte, die gravierend sind. „Der vom Antragsgegner vertretene gedankliche Schluss, dass die restriktivere Maßnahme im Vergleich immer die besser geeignete Maßnahme ist, ist dabei in dieser Allgemeinheit unzutreffend“