Jüngst hatte Prof. Dr. Lauterbach angedeutet, die psychischen Folgen durch die Corona-Maßnahmen seien nicht so gravierend (er bezog sich auf die Berichterstattung zu Suiziden bei Kindern). Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat einem Bericht nach nun allerdings die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie als „stille Katastrophe“ bezeichnet.
Corona-Maßnahmen: Eine stille Katastrophe
„Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe sieht die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für psychisch Erkrankte als eine stille Katastrophe. Das sagte Ulrich Heberl, Psychiater und Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben).
„Besonders für Menschen, die unter einer depressiven Erkrankung leiden, hat sich der Krankheitsverlauf durch die Maßnahmen gegen Corona massiv verschlechtert, zum einen wegen den deutlichen Einschnitten bei ihrer medizinischen Versorgung und zum anderen wegen einer wegbrechenden Alltagsstruktur mit Rückzug ins Bett, vermehrtem Grübeln und weniger Sport“, sagte er. Das seien Faktoren, die sich besonders bei depressiv Erkrankten negativ auswirken würden. „Bei unseren Befragungen gaben hochgerechnet ungefähr zwei Millionen Menschen in Deutschland an, dass sich ihre Erkrankung im Jahr 2021 verschlechtert habe.
Das ist eine stille Katastrophe, denn Depressionen sind schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankungen“, so Hegerl. Im Februar 2021 hätten 44 Prozent der Menschen mit Depression von Rückfällen, der Entwicklung von Suizidgedanken oder sonstigen Verschlechterungen in Folge der Corona-Maßnahmen berichtet. „Ich schätze, dass es im Rahmen der Pandemie einen Anstieg insbesondere bei den Suizidversuchen gegeben hat“, sagte Ulrich Hegerl den Funke-Zeitungen. Gründe seien die schlechtere medizinische Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen, Abstürze von Menschen mit Suchtgefährdung oder die fehlende mitmenschliche Hilfe in Krisensituation durch die soziale Isolation. Die Suizidversuche werden allerdings in Deutschland nicht systematisch erfasst.
Der Vorsitzender der Deutschen Depressionshilfe sieht die Politik in der Pflicht. „Menschen mit Depressionen leiden im Stillen und sind krankheitsbedingt sehr schlecht im Vertreten eigener Interessen.“ Bei einer Verengung des Blicks auf das Infektionsgeschehen bleibe ihr Leid im Dunkeln. „Nur wenn die politischen Entscheidungsträger das Ausmaß an Leid und Tod, das durch die Corona-Maßnahmen ausgelöst wird, systematisch und sorgfältig erfassen, können sie die Maßnahmen optimieren und sicher sein, nicht mehr Schaden als Nutzen anzurichten“, mahnte Hegerl von der Deutschen Depressionshilfe.“
Bericht mit Material der dts Nachrichtenagentur
Foto: Klinik für Psychiatrie, über dts Nachrichtenagentur