Wie das Framing von Corona-Maßnahmen-Gegnern gemacht wird, hat die Frauenzeitschrift „Brigitte“ auf eindrucksvoll plumpe Art in ihrem Artikel „An diesem Corona-Merkmal kannst Du Psychopathen erkennen“ gezeigt. Zwischen einem Potpourri aus Strick-Anleitungen, Abnehm-Tipps, psycho-sozialen Selbsttests oder Gewinnspielen hat die „Brigitte“ einen pseudo-psychologischen Artikel präsentiert, der die Leser:innen darin unterrichten soll, woran man potentielle Psychopathen erkennen kann.
Normalerweise steht diese Art von Zeitschrift nicht im Fokus des politisch interessierten Lesers, doch dieser Artikel sei dennoch erwähnt, weil er auf perfide Weise seine Leser:innen manipuliert. Die „Brigitte“ bezieht sich auf eine „aktuelle Psychologie-Studie“, welche in der Pandemie ein „Merkmal der Psychopathie offen sichtbar“ machen soll. Auf küchenpsychologische Weise werden vermeintlich typisch psychopathische Menschen beschrieben, beispielsweise der Manager in Führungsposition, bei welchem „dissoziale Persönlichkeitsstörungen“ auffällig seien.
Framing funktioniert
Doch viele Psychopathen, die sich in der Gesellschaft „tummeln“ würden, seien nicht gleich als solche zu erkennen, so die Aussage des Artikels. Dank Corona wird das Erkennen von Psychopathen jetzt um einiges erleichtert und Psychopathen werden in der Corona-Krise „offen sichtbar“ gemacht, wie sich die Zeitschrift ausdrückt. Denn vor Corona-Zeiten hätte man kaum eine Chance gehabt „eine*n Psychopath*in zu entlarven“, weil diese „uns ja so gut täuschen und um den Finger wickeln können“, heißt es weiter.
Mit Bezug auf die Studie „Differences in adherence to COVID-19 pandemic containment measures: psychopathy traits, empathy, and sex“ sollen „Menschen mit psychopathischen Zügen das Befolgen der Corona-Maßnahmen eher ablehnen als Empathen“. Denn wenn es um den Schutz der Allgemeinheit gehe, würden „Psychopathen diese deutlich weniger befolgen“. Die Bereitschaft eine Maske zu tragen, sei bei der Gruppe mit „psychopathischen Zügen auffallend geringer ausgefallen als in der empathischen Vergleichsgruppe“, zitiert die „Brigitte“.
Zwar will die „Brigitte“ nicht alle „Corona-Leugner*innen“ als Psychopathen abstempeln, doch es könnten „einige darunter sein“. Der/die Autor*in des Magazins „lernt aus der Studie, dass man von Maskenverweigerern lieber Abstand halten solle“. Diese pauschale Stigmatisierung von Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Maske tragen können oder wollen, verängstigt und manipuliert die Leser*innen, was vermutlich auch der Zweck des Artikels sein dürfte.
Kritiker der Corona-Maßnahmen werden so noch mehr zum Feind, ja sogar zu gefährlichen Psychopathen stilisiert. Vorher sah man in Menschen ohne Masken (was schon schlimm genug ist) „nur“ Aluhüte oder Verschwörungstheoretiker. Doch jetzt werden sich „Brigitte“-Leser*innen bei der nächsten Begegnung mit einem Menschen ohne Maske unweigerlich die Frage stellen, ob dieser ein Psychopath ist.