Die EU hatte bei Gründung bzw. im Zusammenhang mit der Euro-Entwicklung verbindlich festgelegt, die Staatsschulden der einzelnen Mitgliedsländer zu begrenzen. Die Obergrenze lag bei 60 % des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Diese Obergrenze soll nun wohl aufgeweicht werden – was wiederum auch die Währung Euro stärker gefährden wird.
Interview mit Johannes Hahn
Dazu hat der Haushalts-Kommissar Johannes Hahn der „Welt“ ein Interview gegeben. In diesem Interview wird deutlich, dass einzelne Länder, Griechenland etwa oder Italien, so hohe Schulden haben, dass die Obergrenzen weit entfernt sind. In der Konsequenz möchte die EU offenbar diese Schulden nicht etwa senken, sondern die Grenze verschieben.
Dabei haben die einzelnen Länder teils inzwischen mehr als 100 % des BIP erreicht. Dennoch erhalten sie Zahlungen aus dem neuen Wiederaufbaufonds der EU-Kommission, der wiederum ein Volumen in Höhe von 750 Milliarden Euro umfassen wird.
Dieser Aufbaufonds wird seine Tätigkeit aufnehmen sobald die Mitgliedstaaten ihren „Eigenmittelbeschluss“ ratifiziert haben. Dies soll nach Auffassung des EU-Kommissars wohl bereits im Mai geschehen.
Er erwarte, dass bereits im Juni Geld (per Anleihen) aufgenommen werden könne. Dann würden die ersten Tranchen aus dem Fonds im August ausgezahlt werden können.
Das Bundesverfassungsgericht hat für Deutschland bereits entschieden, dass der Beschluss ratifiziert werden durfte.
Dabei kündigte der Haushaltskommissar zudem an, dass im Herbst eine Diskussion darüber begonnen würde, den Stabilitätspakt zu ändern. Rom und Paris wollten dies bereits im kommenden Jahr angehen. Dabei sollten auch die Regeln für den Schuldenabbau modifiziert werden, so der Kommissar. Die „Debatte ist auch notwendig“.
Er glaube, dass nach 24 Jahren inzwischen nicht mehr alle 19 Euro-Länder „über einen Kamm geschert werden können“. Dies sei „nicht zielführend“ und mache keinen Sinn. Italien sei mit 155,8 % vom BIP wie auch Griechenland mit 205,6 % so weit entfernt, dass die avisierten 60 % mittelfristig nicht erreicht werden könnten. Daher gelte es, erreichbare Ziele zu formulieren.
Es passiert also exakt das, was Kritiker des sogenannten Stabilitätspaktes von Beginn an formuliert hatten.