Wer Anfang November, als sich der Wahlsieg von US-Präsident Joe Bidens langsam abzuzeichnen begann, Aktien kaufte, der sitzt heute auf hohen Gewinnen. Dabei war es fast egal, was gekauft wurde, denn es stiegen nahezu fast alle Sektoren deutlich an. Natürlich hatten die Anleger wie immer ihre Lieblinge und das waren wie auf dem Höhepunkt der Corona-Krise auch weiterhin die Technologiewerte.
Sie profitierten von der Aussicht, dass den Verbrauchern nach dem Ende der Corona-Pandemie das Geld ganz besonders locker sitzen könnte. Die euphorische Stimmung hielt bis in den Februar hinein an und wie so oft schossen die Kurse weiter über das Ziel hinaus. Ohnehin schon teure Technologiewerte wurden so extrem teuer.
Dass das Pendel eines Tages nicht nur zurückschwingen wird, sondern muss, erleben wir seitdem. An der New Yorker Wall Street aber auch an den anderen Weltbörsen wird seit Ende des Winters kräftig umgeschichtet. Technologieaktien haben in der Gunst der Anleger deutlich verloren und gekauft werden stattdessen die langweiligen Value-Werte.
Dividendenzahler sind wieder in und je langweiliger und stabiler das Geschäft zu sein scheint, um so wohler fühlen sich vor allem institutionellen Anleger derzeit. Die meisten Privatanleger sind auf den anrollenden Zug noch nicht aufgesprungen. Sie sehen auch weiterhin im Technologiesektor das größere Potential.
Was tun, wenn auch die Alternativen zu teuer sind?
Wer hat nun Recht? Sind es erneut die privaten Anleger, die schon im vergangenen Frühjahr mit ihren Erwartungen wesentlich besser lagen als die institutionellen Akteure? Oder wird sich in diesem Jahr die allgemeine Regel wieder durchsetzen, nach der die Privatanleger das dumme und die Profis das smarte Kapital darstellen?
Mit letzter Sicherheit wissen werden wir dies erst, wenn es für das eigene Handeln zu spät ist, denn die Entscheidungen müssen bereits heute getroffen werden. Einfach dem sich abzeichnenden neuen Trend zu folgen, dürfte dabei keine allzu gute Idee sein. Auch das zeigen die letzten Wochen.
Denn es ist beileibe nicht so, dass die Technologieaktien gerade verlieren, während der Value-Bereich gewinnt. Es ist wie immer: Wenn Unsicherheit den Markt erfasst, wird aus Angst und Nervosität zunächst alles verkauft, im Zweifelsfall selbst das Gold. So haben auch der Dow Jones und der S&P500 Index im Mai einige schwache Tage erleben müssen und nicht nur der technologielastige NASDAQ.
Die Frage könnte deshalb durchaus eine ganz andere sein als die, die sich die Anleger gerade stellen, denn die entscheidende Frage ist nicht die nach Growth oder Value, sondern die nach dem größeren Dummkopf, der die eigenen Aktien später einmal zu einem höheren Preis kaufen soll, damit man selbst mit Gewinn aussteigen kann.
Wenn es diese „Dummköpfe“ nicht mehr gibt, ist es eigentlich egal, was man kauft, denn die Entscheidung wird so oder so falsch sein. Investoren sollten sich deshalb aktuell stärker fragen, ob überhaupt (noch) eine gute Zeit zum Investieren in Aktien gegeben ist.