Die Corona-Pandemie wird bald enden, die geimpften Menschen werden in Massen in die Geschäfte strömen und weltweit einen Boom der Wirtschaft auslösen. Man hört diesen Narrativ seit Wochen und viele Indizien scheinen für seine Berechtigung zu sprechen, so zum Beispiel der deutsche Ifo-Geschäftsklimaindex, der am Dienstag überraschend auf 99,2 Punkte sprang und damit den höchsten Wert der letzten zwei Jahre erreichte.
Die Analysten hatten im Vorfeld mit einem deutlich geringeren Zuwachs gerechnet und wie gut die Stimmung innerhalb der deutschen Wirtschaft aktuell ist, zeigt das Faktum, dass sich nicht nur die Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen deutlich verbessert haben, sondern auch ihre Beurteilung der aktuellen Lage.
Allenthalben wird wegen der erhöhten Nachfrage auch mit steigenden Preisen gerechnet. Allerdings sei diese Inflation nicht dauerhaft, werden vor allem die Notenbanken nicht müde, zu betonen. Das Wachstum hingegen soll sich auch nach dem Abklingen der Inflation noch beschleunigen, sodass auch die während der Pandemie aufgenommenen hohen Schulden kein Problem darstellen.
Trotzdem zeigt einer der wichtigsten amerikanischen Frühindikatoren an, dass die tatsächliche Inflation sehr viel höher sein wird, als es derzeit von den meisten Menschen angenommen wird. Das widerspricht dem aktuellen Zinsniveau für die zehnjährigen US-Staatsanleihen, das sich in den letzten Wochen wieder ermäßigt hat und mit 1,6 Prozent „nur noch“ auf dem Niveau von Mitte März liegt.
Der Umgang der Massenmedien mit diesem Frühindikator ist bezeichnend
Nicht so recht in Bild der heilen Wirtschaftswelt und der damit verbundenen goldenen Zukunft will jedoch der Philly Fed-Index passen. Er ist im Mai von 50,2 auf nur noch 31,5 Punkte eingebrochen. Die Schätzung der Analysten hatte zuvor bei 41,8 Punkten gelegen. Damit haben sich die Volkswirte als viel zu optimistisch erwiesen und ihre Erwartungen wurden meilenweit verfehlt.
So wichtig dieser Frühindikator ist, so selektiv ist seine Besprechung in den meisten Massenmedien. Fällt der Indikator gut aus, wird er von Experten und Redakteuren gefeiert und überall herumgereicht. Sind seine Ergebnisse hingegen enttäuschend und passen nicht in den gängigen Narrativ, wird gerne der Mantel des Schweigens über diesen Indikator ausgebreitet.
Der scharfe Einbruch von 50,2 auf 31,5 Punkte deutet bereits an, dass die erwartete Beschleunigung des US-Wachstums ausfallen könnte. Geradezu beängstigend sind jene Daten des Index, die auf die zukünftige Inflationsentwicklung verweisen. So ist die Komponente für die Preise, welche die Unternehmen selbst für den Einkauf von Vorprodukten und Dienstleistungen bezahlen, im Mai von 69,1 auf 76,8 Punkte gestiegen.
Das ist das höchste Niveau seit dem März 1980. An die Inflationsrate vom März 1980 werden sich heute jedoch nur noch die Wenigsten erinnern. Sie lag bei 14,6 Prozent. Und nein, das Komma ist bei dieser Zahl nicht eine Stelle zu weit nach rechts gerückt.