Das Thema Kernenergie polarisiert und nicht überall wird der in Deutschland und Österreich gewählte Weg, aus der Kernenergie auszusteigen bzw. gänzlich auf sie zu verzichten, positiv gesehen. Kritik an dieser Energiepolitik kommt inzwischen auch von der Europäischen Zentralbank, genauer gesagt vom finnischen Notenbankchef Olli Rehn.
Er warnt davor, dass durch den deutschen Atomausstieg die Abhängigkeit des Landes von Russland deutlich erhöht werde. Gleichzeitig werde durch diesen Schritt der Energiemarkt destabilisiert. Die getroffene Entscheidung führe an den Märkten zu Preisschwankungen, die sich zwangsläufig auch auf die Inflation auswirken.
Olli Rehn ist EZB-Ratsmitglied und er macht keinen Hehl aus seiner Einschätzung, dass er den deutschen Versuch, von Kohle auf Gas umzusteigen, nicht als einen grünen Weg ansieht, denn diese Umstellungsphase werde in Deutschland noch lange andauern.
Zinsanhebungen in 2023 realistisch
Grundsätzlich sieht Finnlands Notenbankchef die Wirtschaft der Eurozone auf einem guten Weg und erwartet, dass die Treiber für die Inflation im Laufe dieses Jahres nachlassen werden, sodass sich in den nächsten zwei Jahren die Inflationsrate bei etwa zwei Prozent einpendeln könnte.
Deshalb sind Zinserhöhungen im Jahr 2023 eine logische Konsequenz dieser Entwicklung und ein Schritt zur Normalisierung auch der europäischen Geldpolitik. Mit Zinsschritten sei deshalb für den Fall zu rechnen, dass es keine neuen wirtschaftlichen Störungen gibt.
In der strittigen Debatte um den EU-Stabilitätspakt und die Regeln des Masstrichter Vertrages plädiert Olli Rehn für eine Anpassung, weil das vorgegebene Ziel einer maximalen Schuldenquote von 60 Prozent unrealistisch sei. Nach der Pandemie werde Italens Schuldenquote voraussichtlich bei 160 Prozent liegen.
Damit klaffen Ziel und Wirklichkeit weit auseinander. Ziele, die jedoch unerreichbar sind, werden am Ende auch nichts bewirken, mahnt Finnlands Notenbankchef.