Obwohl die Inflationsraten in den vergangenen Monaten in vielen Ländern sehr stark angestiegen sind, zeigen sich die Aktienmärkte von dieser Entwicklung bislang verhältnismäßig wenig beeindruckt. Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, denn allgemein gelten steigende Inflationsraten als Gift für den Aktienmarkt.
Ihren Ursprung hat diese Erwartung in früheren Inflationszeiten. In ihnen stiegen mit der Inflation auch sehr schnell die Zinsen. Dadurch gerieten die Unternehmen sehr rasch von zwei Seiten her unter Druck. Auf der Rohstoffseite stiegen ihre Kosten, denn Energie und Vorprodukte mussten zu höheren Preisen eingekauft werden.
Dadurch erhöhte sich sofort der Druck auf die Margen, denn nur wenige Firmen verfügten über eine so starke Preissetzungsmacht, dass es ihnen möglich war, ihre höheren Kosten in vollem Umfang an die Käufer ihrer Produkte weiterzugeben. Da die Notenbanken früher auf steigende Inflationsraten schneller mit steigenden Zinsen reagierten, als sie es heute tun, stiegen zusätzlich auch die Finanzierungskosten der Unternehmen.
Die Sparer leiden wieder einmal für die Aktionäre und deren Aktien
Das war insbesondere für junge Firmen, deren Geschäftsmodell auf einem hohen Einsatz von Fremdkapital beruhte, stets ein großes Problem, denn sie wurden von rückläufigen Margen und steigenden Kreditkosten in die Mangel genommen, verfügten aber nicht über die Möglichkeit, ihre Preise so stark anzuheben, dass sie die inflationäre Entwicklung vollständig ausgleichen konnten.
Am besten leben können Unternehmen daher mit einer moderaten Inflation, die in einem Bereich von unterhalb zwei Prozent verbleibt. Diese Zone ist inzwischen klar verlassen worden und der Gegenwind für die Firmen, insbesondere jene aus dem Technologiesektor nimmt zu. Noch sieht der Aktienmarkt diese Entwicklung allerdings mit einer recht großen Gelassenheit.
Der wesentliche Grund dafür ist die zögerliche Zinspolitik der Notenbanken. Da die Zinsen nicht mit der Inflation steigen, ist die reale Rendite weiterhin negativ. Für die Unternehmen entsteht so kein allzu großer Zinsdruck und die Aktienkurse geraten nicht massiv unter Druck.
Gezahlt werden muss die Zeche aber trotzdem und da weder die Unternehmen noch ihre Aktionäre leiden, sind es wieder einmal die Sparer, denen man die finanziellen Lasten aufbürdet.