Ein optimistischerer Blick der Unternehmen auf die Zukunft schlägt sich früher oder später auch in einer höheren Kreditnachfrage wider. Gleiches gilt auch für die privaten Haushalte. Auch sie stürzen sich leichter in fremdfinanzierte Anschaffungen, wenn sie für die kommenden Monate eine positive Erwartungshaltung haben.
Die Höhe der neu vergebenen Kredite ist deshalb ein guter Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung. Wie die Europäische Zentralbank am Freitag mitteilte, hat sich die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen im Mai zwar noch erhöht, das Wachstum schwächt sich allerdings bereits deutlich ab. Hatte sich die Höhe der Ausleihungen im April noch um 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht, lag sie im Mai nur noch bei 1,9 Prozent.
Bei diesem Vergleich muss allerdings berücksichtigt werden, dass der April 2020 sehr stark von der Corona-Pandemie geprägt war und den ersten Monat darstellte, in dem europaweit Lockdown-Maßnahmen verfügt wurden. Die Nachfrage nach Krediten war zu dieser Zeit auf Seiten der Unternehmen deshalb besonders hoch.
Lockere Geldpolitik der EZB trotz der sich abschwächenden Pandemie
Ein leicht anderes Bild zeigt sich beim Blick auf den privaten Sektor. An die privaten Haushalte haben die Banken der Eurozone im Mai 2021 3,9 Prozent mehr Darlehen vergeben. Einen Monat zuvor, im April, hatte das Plus mit 3,8 Prozent nur geringfügig tiefer gelegen.
Obwohl die Pandemie sich abschwächt und das Leben sich zunehmend normalisiert, setzt die Europäische Zentralbank ihren Krisenkurs unbeirrt fort. Die Geldpolitik bleibt locker und auch die Anleihenkäufe nach dem PEPP-Programm sollen im dritten Quartal deutlich umfangreicher sein als noch zu Beginn des Jahres.
Die Geldmenge M3, zu ihr zählen unter anderem das Bargeld, die Einlagen auf Giro- und Sparkonten und Geldmarktpapiere, hat sich im Mai um 8,4 Prozent erhöht. Auf sie achten insbesondere die Volkswirte, weil eine starke Ausweitung der Geldmenge M3 als Indiz für eine auf mittlere und lange Sicht steigende Inflation gilt.