Auf ihren Sitzungen im Juli haben sowohl die US-Notenbank wie auch die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen noch einmal um 25 Basispunkte erhöht. Das hatten die Finanzmärkte im Vorfeld der Entscheidungen so erwartet. Auf den anschließenden Pressekonferenzen gab es jedoch einen Dämpfer, denn Jerome Powell, der Chef der Federal Reserve Bank, machte deutlich, dass die US-Notenbank beabsichtigt, die Zinsen noch lange auf einem höheren Niveau zu belassen, um die Inflation wieder auf das Niveau von 2019 zurückzubringen.
Der Markt hatte etwas anderes erwartet, denn er spekuliert schon seit einiger Zeit auf baldige Zinssenkungen. Dahinter stehen zwei Erwartungen bzw. Hoffnungen. Die erste Erwartung ist die, dass die US-Notenbank, die nicht nur dem Kaufkrafterhalt, sondern auch der Entwicklung der US-Wirtschaft verpflichtet ist, diese in einer Rezession nicht abstürzen lassen wird.
Bislang passt diese Hoffnung allerdings nicht zu den Ausführungen von Jerome Powell, denn dieser hat in den letzten Monaten keinen Zweifel daran gelassen, dass die US-Notenbank gewillt ist, die Wirtschaft notfalls auch abzuwürgen, um der hohen Inflation Einhalt zu gebieten. Die zweite Erwartung der Finanzmärkte ist, dass die hohen Zinsen für die Schuldner auf Dauer nicht zu bezahlen sein werden.
Zinsen: Die große Gefahr – für alle
Weil der größte Schuldner der Staat ist, könne auch die vom Staat abhängige US-Notenbank die Zinsen nicht ewig auf den aktuellen Niveaus belassen, sondern werde früher oder später gezwungen sein, diese zurückzunehmen. Wobei der Aktienmarkt bislang klar auf eine schnelle bzw. zeitnahe Senkung der Zinsen setzte.
Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen, denn verharren die Zinssätze auf dem aktuellen Niveau, wird allein die US-Regierung innerhalb der nächsten zwölf Monate über 200 Milliarden US-Dollar mehr für ihren Zinsdienst ausgeben müssen. Im Raum steht somit die berechtigte Frage, ob der amerikanische Staat sich seine astronomischen Schulden noch leisten kann.
In den USA sind die ausstehenden Staatsschulden seit dem Jahr 1970 von 370 Milliarden US-Dollar auf 31 Billionen US-Dollar angewachsen. Diese Wachstumsrate ist extrem, selbst wenn man den Anstieg des Bruttoinlandsprodukts und der Steuereinnahmen mit berücksichtigt. Bezahlbar waren die vielen Schulden für den amerikanischen Staat nur, weil das effektive Zinsniveau in der gleichen Zeit von 8,5 auf 3,0 Prozent gesunken ist.
Was für den amerikanischen Staat gilt, gilt mehr oder weniger auch für alle anderen Staaten. Auch sie können sich ihre hohen Schulden bei den aktuellen Zinssätzen nicht mehr lange leisten.