In den Augen der meisten Bürger leben wir noch in einer Leistungsgesellschaft. Sie ist dadurch geprägt, dass die, die etwas tun, am Ende auch für ihre Leistung belohnt werden und damit vorankommen. Und wo viele Einzelne vorankommen und ihren Wohlstand erhöhen, steigt auch das allgemeine Wohlstandsniveau immer weiter an.
Soweit die graue Theorie. Doch wie ist es um den deutschen Alltag bestellt? Nun, der präsentiert sich schon seit einiger Zeit nicht mehr als sehr einladend, schon gar nicht für solche Zeitgenossen, die noch etwas leisten wollen. Sie wirken inzwischen fast wie aus der Zeit gefallen.
Einen wesentlichen Grund für diesen Befund stellt das deutsche Steuerrecht dar. Dieses ist so konzipiert, das der zuletzt verdiente Euro am stärksten besteuert wird. Das war auch schon in früheren Zeiten so und trotzdem waren die Menschen damals noch bereit, ihre Leistung zu bringen. Das sind sie heute in vielen Fällen nicht mehr, denn der Spitzensteuersatz, der früher erst bei Einkommen oberhalb von 250.000 Mark, das sind umgerechnet rund 125.000 Euro, griff, greift heute schon bei 80.000 Euro und damit wesentlich früher.
Früher wurden Fachkräfte mit mehr Geld geködert, heute mit weniger Arbeit
Nun stellt sich zwangsläufig die Frage, wie man mit einem solchen Steuersystem Fachkräfte anwerben will. Die Antwort ist die, dass die Unternehmen ihren Angestellten nicht etwa mehr Geld versprechen, sondern mehr Freizeit, Urlaub oder andere Leistungen, die nicht dazu führen, dass die Mitarbeiter vom Staat immer stärker besteuert werden.
So führt ausgerechnet unser Steuersystem dazu, dass immer weniger gearbeitet wird, weil die Mehrarbeit sich nicht mehr lohnt, bzw. zu viel von diesem Verdienst als Steuer und Sozialabgaben an den Staat fließt. Stattdessen schonen die Menschen lieber ihre Gesundheit und arbeiten etwas weniger, aber nach höheren Gehältern streben viele schon nicht mehr.
Handeln nur einzelne Menschen nach dieser Prämisse, wird das System als ganzes noch nicht gestört. In Deutschland sind wir mittlerweile allerdings so weit, dass eine immer größere Zahl von Menschen so denkt und handelt. Damit befreit sich Deutschland gewollt oder nicht gewollt von einem großen Teil an Leistung, der erbracht werden könnte, aber nicht mehr erbracht wird, weil es sich schlichtweg kaum noch lohnt.
Das Ende dieser Entwicklung ist ein Land, das seinen Wohlstand nicht mehr vermehrt, sondern nur noch von diesem lebt und langsam dahinsiecht.