In den letzten Wochen zog der Ölpreis getrieben von den erfolgreichen ukrainischen Angriffen auf russische Raffinerien und Ölanlagen deutlich an. Die Attacken haben dazu geführt, dass schätzungsweise Kapazitäten zur Verarbeitung von rund 600.000 Barrel pro Tag stillgelegt werden mussten. Dies hat am Markt die Angst vor einer Unterversorgung aufkommen und die Preise weiter steigen lassen.
Mit Preisen um 87 US-Dollar je Barrel ist Erdöl der Nordseesorte Brent aktuell so teuer wie seit viereinhalb Monaten nicht mehr. Kurzfristig könnte sich das aktuelle Preisniveau als eine Hürde erweisen, die zunächst nicht weiter überschritten werden kann, denn die Osterferien stehen unmittelbar bevor. Aber insgesamt bleiben die Sorgen groß.
Im Vordergrund stehen dabei die Befürchtungen, dass die Versorgung mit Ölprodukten geringer wird, denn es häufen sich Berichte, die davon wissen wollen, dass Russland zunehmend Schwierigkeiten habe, sein Öl zu verschiffen. Vor allem die Ölexporte nach Indien sind betroffen. Indien hat sich seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine zu einem Umschlagplatz für russisches Öl entwickelt und seine Importe von russischem Öl seit Februar 2022 deutlich erhöht.
Auch die gesunkenen US-Rohöllagerbestände treiben derzeit die Preise
Unter Druck stehen die Lieferverbindungen nach Indien aktuell gleich aus zwei Richtungen. Zum einen scheinen die Russen Probleme mit der Verschiffung ihres Öls zu haben. Auf der anderen Seite scheuen die Redereien derzeit den Seeweg durch das Rote Meer. Wie die Internationale Energieagentur IEA berichtete, wurden im Februar nur noch knapp vier Millionen Barrel Öl durch den Suez-Kanal transportiert. Das ist nur etwa die Hälfte der Menge, die noch im Februar 2023 den Suez-Kanal passierte.
Unterstützung hatte der jüngste Preisanstieg beim Öl nicht nur von den ukrainischen Angriffen auf die russischen Ölraffinerien und die angespannte geopolitische Lage im Roten Meer erhalten, sondern auch durch die US-Rohöllagerbestände. Sie pflegen in dieser Zeit des Jahres normalerweise zu steigen, gingen aber in den letzten zwei Wochen zurück.
Setzt sich dieser Trend auch weiterhin fort, könnten die Befürchtungen der Marktteilnehmer um einen anhaltenden Engpass neue Nahrung erhalten. Kommt es hingegen beispielsweise durch politischen Druck der USA im Gaza-Streifen zu einem Waffenstillstand, würde der Markt die Risikoprämie, die derzeit in den Ölpreisen enthalten ist, vermutlich sehr schnell wieder auspreisen.