Eine der Besonderheiten der politischen Diskussion in Deutschland ist, dass in der breiten Öffentlichkeit gepunktet werden kann, wenn die Karte des Neids ausgespielt wird. So ist es nicht verwunderlich, dass jetzt, wo nahezu alle unter erhöhten Kosten leiden, jene ins Visier der breiten Masse geraten, die angeblich oder tatsächlich von der aktuellen Situation profitieren.
In der Diskussion wird von interessierter Seite dann sehr leicht suggeriert, dass diese Profite nicht nur unfair und unmoralisch seien, sondern den Profiteuren der aktuellen Lage auch gar nicht zustehen würden. Das Argument könnte man gelten lassen, wenn sich die Allgemeinheit immer und zu allen Zeiten auch an den Verlusten beteiligen würde, die entstehen, wenn wirtschaftliche Projekte scheitern.
Das tut sie allerdings nicht. Von daher fehlt die generelle Basis für eine solche Argumentation. Nochmals erschwert wird die Lage dadurch, dass es in der Vergangenheit einflussreichen Branchen, etwa den Banken während der Finanzkrise, immer wieder gelungen ist, selbst verschuldete Verluste auf den Steuerzahler und damit auf die Allgemeinheit abzuwälzen.
So kann leicht der Eindruck entstehen, dass einigen immer gegeben und anderen immer genommen wird. Vollkommen falsch und unberechtigt ist dieser Eindruck gewiss nicht und hier liegen fraglos die Probleme und Fehler der Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre.
Mit zweierlei Maß messen oder gar nicht messen?
Doch die Übergewinne einfach durch Besteuerung zu enteignen und sie dann über den Staat zu sozialisieren, ist auch nicht die Lösung des Problems, denn es werden durch sie gleich mehrere neue Problemfelder zur Bewirtschaftung angelegt. Das erste Problem liegt darin, dass es weder eine Institution noch einen Kriterienkatalog gibt, der festlegen könnte, wann und ab welcher Höhe Übergewinne vorliegen oder nicht. Maßt der Staat bzw. die Regierung sich diese Kompetenz an, ist einer totalitären bis diktatorischen Herrschaftsform die Türe sehr weit geöffnet worden.
Das zweite Problem entsteht dann, wenn dieser Weg ernsthaft und dauerhaft beschritten wird. In diesem Fall kann jeder leicht erkennen, dass es keinen Sinn mehr macht, sich über Gebühr anzustrengen. Denn sollte der große Wurf gelingen und mit ihm der große Gewinn möglich werden, wird dieser sofort als Übergewinn klassifiziert und anschließend konfisziert.
Die Folge ist, dass viele Innovationen und Entdeckungen nicht mehr eingeleitet bzw. gemacht werden. Damit sägt sich eine Gesellschaft auch technologisch den Ast ab, auf dem sie sitzt. Dass das langfristig nicht zu mehr Wohlstand führt, haben 40 Jahre DDR und mehr als 60 Jahre Sowjetunion im 20. Jahrhundert eindrucksvoll gezeigt.
Die Ostdeutschen waren nicht dümmer und nicht schlauer als die Westdeutschen. Ihnen fehlte allerdings über Jahre hinweg der Anreiz, pfiffige Ideen zu entwickeln. Gerade wird Deutschen sollten deshalb aus leidvoller Erfahrung darauf achten, jetzt nicht schon wieder in einen Zustand der ideologischen Verbohrtheit oder einer systemisch bedingte Ideenlosigkeit zu verfallen.