Die Gretchenfrage lautet an dieser Stelle: „Wie hältst du es mit deinem Briefkasten? Klebt an diesem auch ein Bitte-keine-Werbung-einwerfen-Schild? Wenn ja, dann dürfen auch Sie sich zu den aktiven Gefährdern der Demokratie und der Förderung von Hassreden zählen.
Falls Sie diese einleitenden Zeilen verwundert zurücklassen sollten, kennen Sie offenbar die Ansichten von Dr. Jörg Eggers noch nicht. Er ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Anzeigenblätter (BDVA). Ihm gehören Zeitungsverlage an, die im März des vergangenen Jahres 856 für den Leser kostenlose Anzeigenblätter herausgaben.
Insgesamt kamen die Publikationen auf eine Auflage von 58,9 Millionen Exemplaren, von denen allein 29,1 Millionen an den Wochenenden an die Haushalte verteilt wurden. Das Konzept ist einfach: 16 mehr oder weniger mit redaktionellen Beiträgen und einigen wenigen Anzeigen gefüllte Seiten dazu 20 Werbebeilagen. Wer diese Blätter liest, darf sich nicht wundern, wenn er zunächst über einen redaktionellen Beitrag über den örtlichen Metzger oder Augenoptiker liest und wenige Seiten später über eine Anzeige desselben stolpert.
Das Geschäftsmodell funktioniert offenbar nicht mehr
In den vergangenen Jahren funktioniert das Konzept noch ganz gut. Die hohe redaktionelle Qualität der Blätter spiegelte sich dabei im Personaleinsatz besonders deutlich wider. Das Beispiel der Westfälischen Medien Holding belegt dies eindrucksvoll. Sie stellte Ende April 2022 ihre kostenlosen Anzeigenblätter für den westfälischen Raum ein. Die Folge: 2.500 Zeitungsausträger und zehn Journalisten mussten sich nach einer neuen Einkommensquelle umsehen.
Weitere Verlage könnten schon bald diesem Beispiel folgen und ihre kostenlosen Anzeigenblätter einstellen und wir dürfen wohl recht in der Annahme gehen, dass es insbesondere der Verlust journalistischer Qualitätsarbeit ist, der den BVDA nun noch Schlimmeres für die Nation und den Zusammenhalt der Gesellschaft fürchten lässt.
Denn Dr. Jörg Eggers vertritt die Ansicht, dass die klassischen Medien und dabei hat er vor allem die lokalen Printmedien im Blick „eine Brandmauer gegen demokratie-gefährdende Einflüsse“ seien, welche die durch „digitale Blasen in den Sozialen Medien befördert“ würden.
Das eigene Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr und gleich die ganze Gesellschaft ist in höchster Gefahr
Gehe der Konsum der klassischen Medien zurück, so öffne sich auch ein Tor, „in das Fake News und Hate Speech einfallen können“. Deshalb wird jetzt wieder Geld vom Staat, also von Ihnen als Steuerzahler gefordert. Bereits das vierte Kabinett von Angela Merkel hielt diese Forderung für berechtigt und spendierte aus der Staatskasse einen Zuschuss von 200 Millionen Euro.
Schuld an der Misere sind wieder einmal uneinsichtige Bürger mit den leidigen Bitte-keine-Werbung-einwerfen-Schildern an ihren Briefkästen. Wer so offensichtlich Fake News fördert und dem Hate Speech Tür und Tor öffnet, dem geschieht es nur recht, dass sein mühsam verdientes Geld noch stärker besteuert wird, damit auch weiterhin die vollkommen objektiven und von jeder Hofberichterstattung freien Artikel über die lokale Geschäftswelt in Ihrem Umkreis erscheinen können. Oder sehen Sie das etwa anders?