An der Börse feierten die Anleger in den letzten Wochen eine kräftige Kursrallye. Im Hintergrund stand die Hoffnung, dass das Schlimmste in Sachen Inflation schon wieder hinter uns liegen könnte. So verständlich die Hoffnung ist, so zweifelhaft ist gleichzeitig, dass sie auch wahr werden wird.
Vielfach wird argumentiert, dass die hohen Energiepreise nicht weiter in diesem Maß ansteigen könnten. Das ist richtig, wenn man seinen Blick primär auf den statistischen Basiseffekt richtet. Im Jahr 2022 waren die noch deutlich niedrigeren Energiepreise des Jahres 2021 die statistische Ausgangsbasis für die Inflationsberechnungen.
Die Basis für 2023 werden die Preise des nun zu Ende gehenden Jahres sein. Damit nur gleich hohe Inflationszahlen erreicht werden, müssten die Energiepreise nochmals deutlich stärker ansteigen als sie es in diesem Jahr getan haben. Von daher ist tatsächlich eine Entspannung zu erwarten. Doch wir sollten uns nicht zu früh freuen.
In 2023 dürften sich die Zweitrundeneffekte wesentlich stärker bemerkbar machen
Da kaum eine Ware oder Dienstleistung ohne den Einsatz von Energie erbracht werden kann, werden ihre Erzeuger versuchen, die ihnen in diesem Jahr durch die höheren Energie- und Rohstoffpreise entstandenen Mehrkosten an ihre Kunden weiterzureichen.
Zu erwarten ist daher nicht, dass die hohe Inflation im Jahr 2023 verschwinden wird, sondern dass sie sich auf andere Bereiche verlagern wird. Von dort aus ist es nur noch ein kleiner Schritt bis die befürchtete Lohn-Preis-Spirale erreicht wird. Und wenn diese sich erst einmal ungehemmt dreht, dürften die Politik und die Notenbanken schnell wieder ins Schwitzen geraten.
Hinzu kommt, dass Studien der amerikanischen Investmentbanken zeigen, dass es in der Vergangenheit nie leicht war, die Teuerung wieder einzufangen. Stieg die Inflation einmal über vier Prozent an, dauerte es anschließend meist ein Jahrzehnt, bis die inflationäre Entwicklung wieder dauerhaft gestoppt werden konnte.