Der aktuelle Konflikt zwischen China und den USA um die Führungsrolle in der Welt erinnert zwangsläufig an historische Konflikte, die ähnlich gelagert waren. Und wie so oft spielten Rohstoffe bzw. der Zugang zu ihnen eine wichtige Rolle. Hannibal und die Römer führten u.a. deshalb Krieg in Spanien, weil dort die wichtigen Kupferminen lagen und rund zwei Jahrhundert zuvor stand im Peloponnesischen Krieg neben dem Kupfer auch das Zinn im Mittelpunkt.
Während des Peloponnesischen Krieges standen sich die etablierte Landmacht Sparta und die aufstrebende Seemacht Athen gegenüber. Heute zeichnet sich das Ringen der Chinas und der USA um die die vorherrschende Position in der Welt klar am Horizont ab, wobei China eher als Land- und die Vereinigten Staaten eher als eine Seemacht zu werten sind. Interessanterweise bringt China in diesem Konflikt gerade jene Strategie zum Einsatz, mit der im Peloponnesischen Krieg die Seemacht Athen das hochgerüstete Sparte zu bezwingen versuchte.
Gehen wir daher kurz 2.500 Jahre in die Zeit zurück, in der sich der Attische Seebund unter der Führung Athens und der Peloponnesische Bund unter der Leitung Spartas zwischen 431 v. Chr. bis 404 v. Chr. gegenüberstanden. Als einflussreichster Mann auf der Seite Athens gilt der geschickte Staatsmann und General Perikles. Er befürwortete bis zu seinem Tod 429 v. Chr. eine eher defensive Strategie, die den direkten Kampf mit dem überlegenen spartanischen Landheer vermied und stattdessen die Überlegenheit der athenischen Flotte zum Tragen brachte, indem versucht wurde, Sparta von seinem Nachschub über See abzuschneiden.
Dabei standen nicht nur nachwachsende Rohstoffe wie der Weizen im Vordergrund, sondern ebenso das Zinn. Es wurde von Kleinasien aus über das Meer in die griechischen Städte transportiert. Wer an dieser Stelle etwas gelangweilt mit den Schultern zuckt und sich über die Bedeutung des Zinns für die damalige Zeit keine allzu großen Gedanken macht, übersieht, dass der Peloponnesische Krieg in der Bronzezeit ausgetragen wurde und Bronze zu 88 Prozent aus Kupfer und zu zwölf Prozent aus Zinn besteht.
Was im Peloponnesischen Krieg das Zinn war, ist heute das Silber
Sparta von seinem Zinnnachschub abzuschneiden bedeutete damit, seinen Nachschub an Werkzeugen, Waffen, Helmen, Panzerplatten, Streitwagen und Schwertern nach und nach auszutrocknen. Zur Herstellung der Bronze wird zwar nur ein wenig Zinn benötigt, doch diese wenigen Prozent machen bei den fertigen Produkten einen sehr großen Unterschied aus im Vergleich zu reinen Kupferprodukten.
Was Zinn für die Waffenherstellung und Technik des fünften Jahrhunderts vor Christus war, das ist heute das Silber. Seine Verfügbarkeit entscheidet ebenfalls über die technologische Stellung eines Landes und seine militärische Schlagkraft, denn der wichtigste Abnehmer für das weltweit geförderte Silber ist die Militär-, Luft- und Raumfahrttechnik. Erst an zweiter und dritter Stelle folgen die Solarindustrie und die Wasserstofftechnik.
Der Krieg in der Ukraine zeigt derzeit allen, die es sehen wollen, was es bedeutet, wenn wichtige Waffen aufgrund von fehlenden Kapazitäten oder Rohstoffen nicht mehr hergestellt werden können. Einen Krieg zu beginnen, ist vergleichsweise leicht. Viel schwerer ist es jedoch, ihn wieder zu beenden. Um den Krieg zu starten, muss sich nur eine Seite bewegen. Soll er wieder beendet werden, müssen alle Beteiligten, also sowohl die direkt beteiligten wie auch die nur indirekt beteiligten Seiten ein ernsthaftes Interesse an seinem Ende haben.
Morgen beschäftigen wir uns deshalb in einem zweiten Teil mit der Frage, wie groß das Interesse der chinesischen Regierung an einem langen Krieg in der Ukraine ist und wie Investoren auf diese Entwicklung reagieren und am Ende sogar mächtig profitieren können.