Endlich schmerzfrei zu sein, ist gerade für viele chronisch Kranke ein Traum. Oftmals sogar ein unerreichbarer Traum. Und zu den Medikamenten, die am häufigsten verschrieben oder rezeptfrei gekauft werden, gehören schmerzlindernde Mittel. Ein Leben ohne Schmerz erscheint daher auf den ersten Blick für viele von uns als sehr verlockend.
Das gilt nicht nur für unsere gesundheitlichen Schmerzen. Auch auf so manche zähe und schmerzhafte gesellschaftliche Weiterentwicklung könnten wir gerne verzichten. Das fängt im kleinen Kreis der Familie an und lässt sich bis zur Völkerfamilie innerhalb der Vereinten Nationen beobachten. Ohne diese Schmerzen wäre unser Leben einfacher, möchte man glauben.
Das dem nicht unbedingt so ist, zeigen die Schicksale all jener Menschen, die keinen Schmerz empfinden. Es gibt sie nicht nur in den Heldensagen früherer Zeiten oder in den Supermann-Comics der Gegenwart, sondern auch im realen Leben. Frauen, die bei der Geburt ihrer Kinder keine Schmerzen empfinden und Männer, die sich beim Fußballspielen das Bein brechen und einfach weiterspielen, weil sie den Bruch durch den fehlenden Schmerz zunächst gar nicht bemerken.
Auch wenn es im ersten Moment paradox klingt: Mit Schmerz lebt sich an vielen Stellen deutlich entspannter
Was sich im ersten Moment als gut oder zumindest vorteilhaft anhören mag, ist jedoch auch eine Gefahr, denn mit dem Schmerz fehlt diesen Menschen auch die mit mit dem Schmerz verbundene Warnfunktion. Die Natur traktiert uns mit dem Schmerz ja nicht aus purer Lust am Leiden, sondern weil der Körper das Signal sendet, dass an irgendeiner Stelle irgendetwas nicht in Ordnung ist.
So unangenehm der Schmerz im ersten Moment ist, gibt uns dieses Signal auch die Möglichkeit, frühzeitig zu reagieren. Wir können dann Druck von belasteten Muskeln nehmen oder uns um aufkommende Krankheiten kümmern, bevor sie zu größeren Problemen werden. Fehlen diese Signale jedoch, sind wir blind für das, was im Innern unseres Körpers vor sich geht, und bleiben es vermutlich auch.
Wer keinen Schmerz empfindet, muss anders auf seinen Körper aufpassen. Wo es für die meisten reicht, aufmerksam auf die Signale von innen zu achten, muss mit viel Logik und Nachdenken immer der Frage nachgegangen werden, ob eine Tätigkeit oder Bewegung gerade die richtige für uns ist. Und selbst wenn diese Tätigkeit die richtige für uns ist, ist noch lange nicht sichergestellt, dass wir sie auch in der für unseren Körper besten Art und Weise ausführen.
Jederzeit intensiv darüber nachdenken zu müssen, kann auch ausgesprochen anstrengend sein. Da ist so mancher kurze Schmerz, der uns schnell eine falsche Bewegung korrigieren lässt, weitaus leichter zu ertragen. Das macht chronische Schmerzen nicht angenehmer, könnte uns aber dazu veranlassen, über unser Verhältnis zum Schmerz einmal etwas bewusster nachzudenken.