Bei den Solarzellen vollzieht sich derzeit ein technischer Wandel. Zu beobachten ist bereits, dass die heutigen Standardzellen mit passiviertem Emitter und hinterem Kontakt (passivated emitter and rear contact, PERC) durch eine neue Variante von Solarzellen mit mehr als doppelt so hohem Silberanteil ersetzt werden.
In der Branche wird damit gerechnet, dass diese Substitution in den nächsten zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein wird. Dies wird zwangsläufig eine deutlich höhere Silbernachfrage aus der Solarindustrie nach sich ziehen. Sie trifft auf eine ebenfalls gesteigerte Nachfrage der Automobilindustrie, welche durch die Umstellung auf Fahrzeuge mit Elektromotor ihren Silberanteil je Fahrzeug auch kräftig erhöhen wird.
Problematisch ist an dieser Stelle, dass die Silberproduktion nicht beliebig gesteigert werden kann, denn nur rund 25 Prozent des weltweit geförderten Silbers wird in reinen Silberminen gewonnen. Der Rest kommt als Beiprodukt aus den Blei-, Zink-, Kupfer- und Goldminen auf den Markt.
Das Silberangebot wird mit der steigenden Silbernachfrage nicht mithalten können
Dieses Silberangebot wird zwangsläufig zurückgehen, sollte die Weltwirtschaft in eine Rezession abgleiten, denn in diesem Fall werden weniger Blei, Zink und Kupfer benötigt, sodass die Minen ihre Produktion zurückfahren und damit zwangsläufig auch weniger Silber als Beiprodukt fördern.
Schon im vergangenen Jahr stieg die Nachfrage nach Silber mit einem Anstieg von annähernd 20 Prozent sehr stark an. Das Angebot reagierte auf diesen zusätzlichen Nachfrageschub jedoch nicht. Für das laufende Jahr erwarten die Experten einen Anstieg der Silberproduktion um zwei Prozent, während die Nachfrage nach Silber aus der Industrie um vier Prozent steigen soll.
Wie eng der Silbermarkt der Zukunft werden könnte, zeigt eine Studie der University of New South Wales in Australien, die Bloomberg vorliegt. Die Untersuchung rechnet damit, dass der Solarsektor bis 2050 zwischen 85 und 98 Prozent der weltweiten Silberreserven nachfragen könnte.
Weitere Effizienzgewinne werden sich nicht über Nacht einstellen
Dass eine derartige Menge zum gegenwärtigen Marktpreis aufgekauft werden kann, ist nur denkbar, wenn allen anderen Branchen der Silberbezug quasi verboten wird. Auch eine schnelle Substitution des Silbers durch preiswertere Materialien in den Solarzellen ist keine realistische Alternative.
Gregor Gregersen, der Gründer des in Singapur ansässigen Händlers Silver Bullion, verwies in einem Interview darauf, dass in den vergangenen Jahren der hohe Nachfrageanstieg durch weitere Effizienzgewinne in der Solarindustrie lange Zeit abgebremst worden sei. Dies ändere sich jetzt allerdings.
Der einzige Ausweg besteht deshalb in der Erforschung und im Einsatz anderer Materialien. In China werden mögliche Alternativen wie etwa galvanisiertes Kupfer bereits erprobt. Die Erfolge sind bislang durchwachsen. Die Studie der University of New South Wales geht deshalb davon aus, dass es noch fünf bis zehn Jahre dauern könnte, bis die pro Zelle verbrauchte Silbermenge wieder das aktuelle Niveau erreicht.