Gold und Silber bleiben langfristig attraktiv, obwohl der Gegenwind gerade stark ist

Beim Gold ändern sich derzeit die Spielregeln in einer sehr grundsätzlichen Art und Weise. Die vorrangige Konzentration auf den Realzins, die in früheren Jahren für die Entwicklung des Goldpreises bestimmend war, wird abgelöst durch die anhaltenden Goldkäufe der Notenbanken, vor allem jener aus den Schwellen- und Entwicklungsländern.

Entscheidend ist an dieser Stelle der 26. Februar 2022. An diesem Tag haben die westlichen Staaten beschlossen, die russischen Währungsreserven einzufrieren. Inzwischen sind sie sogar dazu übergegangen, die Zinsen, die diese Reserven bringen, zu beschlagnahmen und an die Ukraine weiterzureichen. Beide Schritte stellen einen massiven Vertrauensbruch dar und werden zwangsläufig Konsequenzen haben.

China hat sich schon von einem Teil seiner US-Dollarbestände getrennt, hält aber immer noch wesentlich höhere Reserven in US-Dollar als in Gold. Die Regierung in Beijing weiß genau, dass China ähnliches passieren könnte wie den Russen, sollte die schon jetzt offensichtliche Rivalität mit den USA sich weiter verschärfen.

Gibt China dem Goldmarkt gerade wirklich den Todesstoß?

Als Anfang Juni bekannt wurde, dass die chinesische Notenbank ihre Goldkäufe im Mai gestoppt hat, nutzte der Markt dies umgehend, um den Goldpreis in eine scharfe Korrektur übergehen zu lassen. Sie hat auch die Kurse der Minen umgehend fallen lassen und wie üblich haben die Gold- und Silberproduzenten mit einem Hebel auf den Preis der Edelmetalle reagiert.

In diesem Fall wirkte der Hebel negativ, sodass die Verluste der Minen größer waren als die des Gold- oder Silberpreises. Bei Anstiegen ist es umgekehrt. Weil höhere Preise für Gold und Silber höhere Gewinne für die Produzenten bedeuten, steigen deren Kurse an den Börsen meist stärker als der Silber- oder Goldpreis selbst.

In vielen Medien wurde dabei so getan, als sei die Goldhausse damit beendet und der Weg zu den Tiefs der letzten Jahre frei. Diese Annahme hat gute Chancen, als voreilig in die Geschichte einzugehen, denn an den Ereignissen vom 26. Februar 2022 und dem mit ihnen einhergehenden Vertrauensbruch hat sich durch den jüngsten Kursrutsch nichts geändert. Im Gegenteil: Für alle Notenbanken, die gerne noch etwas mehr Gold als Reserven besitzen möchten, ist das gelbe Metall nun wieder etwas günstiger zu erwerben.

Vor diesem Hintergrund darf sich jeder Anleger selbst die Frage beantworten, ob das Reich der Mitte wirklich schon der Meinung ist, in den letzten Monaten genügend Gold angekauft zu haben. Wird diese Frage verneint, darf davon ausgegangen werden, dass der chinesische Kaufstopp vom Mai nicht allzu lange anhalten wird. Damit dürfte auch die Rallye beim Goldpreis noch lange nicht zu Ende sein.