Fußball ist die schönste Nebensache der Welt? Ja, wenn es um Leidenschaft, schöne Spielzüge und Tore geht, aber gewiss nicht, wenn Gewalt mit ins Spiel kommt, sowohl im Stadion wie auch auf den Wegen dorthin. Die Statistik der Polizei ist an dieser Stelle sehr eindeutig. Darauf wies das Münchener Ifo Institut in einer Auswertung am Mittwoch hin.
Finden in einer deutschen Stadt Spiele der ersten bis dritten Liga statt, so steigen an den jeweiligen Spieltagen die Gewaltdelikte in den Austragungsorten um 21,5 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommen die Forscher des Ifo Institut nach einer gründlichen Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik. Beobachtet wurde das Geschehen rund um die Stadien vom Januar 2011 bis zum Mai 2015, also über einen Zeitraum von 4,5 Jahren. Von der Studie erfasst wurden neben typischen Fußballdaten, wie dem Ergebnis und besonderen Spielereignissen auch saisonale Effekte und Bevölkerungsindikatoren sowie die Wettquoten und das Wetter.
„Fußballspiele der ersten bis dritten Liga führen dort zu 21,5 Prozent mehr Gewalttaten, als an den jeweiligen Wochentagen sonst zu erwarten sind“, fasst Helmut Rainer, der Leiter des Ifo Zentrums für Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsökonoik, die Problematik nüchtern zusammen.
38268 Straftaten und ihre Folgen
Hinter ihr stehen jedoch zum Teil recht schmerzliche Erlebnisse der Betroffenen und ein Sachschaden in Höhe von 44 Millionen Euro. Für den betrachteten Zeitraum schätzten die Ifo Forscher die Zahl der einfachen Körperverletzungen auf 38.268. Ihre Aufarbeitung verursacht allein bei den Dienststellen der Polizei und Staatsanwaltschaft sowie bei den Gerichten hohe Kosten. Hinzu kommen Verdienstausfälle sowie Arzt- und Krankenhausrechnungen.
Insgesamt addieren sich diese an sich unnötigen Aufwendungen auf 194 Millionen Euro. Auf den Zeitraum eines Jahres umgerechnet entspricht dies einem Aufwand von rund 44 Millionen Euro. Besonders ausgeprägt ist der Zuwachs an Gewalt an Derby-Spieltagen sowie jeweils an den Wochenendspieltagen Freitag, Samstag und Sonntag.
„Opfer sind vor allem junge Männer im Alter von 18 bis 29 Jahren. Doch beinahe ein Fünftel der zusätzlichen Gewalt an Spieltagen lässt sich durch Angriffe auf Polizisten erklären“, berichtet Helmut Rainer. Fast 70 Prozent der Opfer waren den Tätern vor der Straftat unbekannt.
Dies führt zu einer für die Fanszene bezeichnenden Erkenntnis: „Nicht Ereignisse während der Spiele oder die Spiel-Ergebnisse sind der Auslöser, sondern die Suche nach Anerkennung als Mitglied einer Fangruppe“, erklärt Rainer und berichtet weiter, dass die Fangruppen der gegnerischen Mannschaft aber auch die Polizei als bedrohliche Fremdgruppen wahrgenommen werden. Gegen sie müsse anschließend der eigene Ruf verteidigt werden.