Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie hätten für 100 Euro, die Sie Ende 2019 am Vorabend der Corona-Pandemie in Ihrem Portemonnaie oder auf Ihrem Konto zur Verfügung gehabt hätten, heute 130 Euro zur Hand. Was würden Sie mit dem zusätzlichen Geld machen?
Egal, wie Ihre Antwort ausfällt, wenn Sie sich nicht dazu entschlossen hätten, das überschüssige Geld umgehend zu vernichten, hätte es anschließend eine inflationäre Konsequenz gehabt. Diese würde sich beispielsweise in steigenden Aktienkursen oder Immobilienpreisen niederschlagen, wenn Sie das zusätzliche Geld investiert hätten.
Hätten Sie das zusätzliche Geld hingegen in die Geschäfte getragen, um damit Waren oder Dienstleistungen einzukaufen, wären die Preise anschließend auch gestiegen. Es kann auch gar nicht anders kommen, wenn zusätzliches Geld auf ein gleich hohes Angebot an Rohstoffen, Waren und Dienstleistungen trifft.
Das 130-Euro-Problem der Notenbanken
Die fiktive Situation, der ich Sie mit meiner Frage gerade ausgesetzt habe, ist die reale Situation der Notenbanken, denn diese haben ihre Bilanzsumme in den Monaten der Pandemie um 30 Prozent erhöht, was nichts anderes heißt, als dass für jeden Dollar, Euro oder Yen inzwischen 1,30 Dollar oder Euro bzw. Yen herumliegen.
Dieser massive Anstieg stellt selbst das kräftige Gelddrucken während der Finanzkrise in den Schatten und nun stellt sich zumindest die US-Notenbank die Frage, wie sie das ganze Geld, das sie zuvor ausgegeben hat, wieder einfangen soll, ohne dass es zu schweren Verwerfungen kommt.
Christine Lagarde und der Rat der Europäischen Zentralbank sind noch nicht einmal so weit. Sie wollen weiterhin nicht anerkennen, das die stark gestiegene Inflation mehr als ein vorübergehender Windhauch ist. Mehr noch: Sie sehen nicht einmal die Notwendigkeit, die extreme Ausweitung der Geldmenge einzuschränken.
So werden aus 130 Euro irgendwann einmal 140 und 150 Euro, vielleicht sogar 200 geworden sein. Und das soll alles nicht inflationär sein?