Das European Systemic Risk Board, der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), wurde im Jahr 2010 als Reaktion auf die Finanzkrise ins Leben gerufen. Seitdem haben sich seine Mitglieder immer wieder mit der Frage der Sicherheit des Finanzsystems beschäftigt.
Bislang hat diese Beschäftigung für die Öffentlichkeit immer hinter verschlossenen Türen stattgefunden und nur selten drangen aktuelle Einschätzungen des ESRB an die Öffentlichkeit. Das ist seit dem 29. September anders, denn hohe EU-Beamte und Funktionäre warnten an diesem Tag davor, dass eine Systemkrise entstehen könnte, deren Auswirkungen größer sind als jene der Finanzkrise von 2008.
Welcher konkrete Anstoß das System am Ende zusammenbrechen lassen wird, ist dabei vergleichsweise unbedeutend. Wesentlich wichtiger ist, dass die anhaltende Inflation im Zusammenwirken mit den hohen Energiekosten die Temperatur im Kessel bereits deutlich erhöht haben.
Die Banken könnten von mehreren Seiten gleichzeitig unter Druck geraten
Hinzu kommen zu allem Überfluss jene Kosten, die den Unternehmen und den privaten Haushalten dadurch entstehen, dass Kredite durch die steigenden Zinsen teurer geworden sind. Gleichzeitig haben viele mittelständige Unternehmen aber auch zahlreiche kleinere Betriebe und Selbständige während der Pandemie ihre Ersparnisse ganz oder teilweise aufgebraucht.
Die Lage ist so ernst, dass innerhalb des ESRB sogar darüber diskutiert wurde, ob es nicht besser sei, diese Thematik in der Öffentlichkeit gar nicht erst zu diskutieren, um nur ja keine sich selbst erfüllende Prophezeiung hervorzurufen. Die Sorge ist mehr als berechtigt wie die letzten Tage gezeigt haben, als Spekulationen über die Stabilität der Credit Suisse und der Deutschen Bank die Aktienkurse beider Geldhäuser massiv abstürzen ließen.
An dieser Stelle wird ein großer Unterschied zur Finanzkrise deutlich. Sie entstand im Finanzsektor und griff schließlich auch auf die reale Wirtschaft über. In der aktuellen Krise könnte der Weg jedoch in die Gegenrichtung beschritten werden und zwar dann, wenn Schieflagen die in der realen Wirtschaft durch Inflation, Arbeitslosigkeit und Überschuldung entstehen, auch zu Instabilitäten im Finanzsystem führen sollten.
Vollkommen abwegig und damit unrealistisch ist diese Annahme derzeit nicht. Im Gegenteil: Sie ist auch ohne eine ausgeprägte Freude an Weltuntergangsszenarien ein gut vorstellbares Szenario.