Drängen Europa und die USA die Ukraine zu einem vergifteten Frieden?

Panzer Ukraine

Kriegsmüde sind nicht nur die Menschen in Russland und in der Ukraine, sondern vor allem auch jene in den westlichen Unterstützerstaaten der Ukraine. Unverständlich ist diese Kriegsmüdigkeit nicht. Dennoch ist sie brandgefährlich, denn sollte politische Eile die Verhandlungen bestimmen und dazu führen, dass ein Frieden geschlossen wird, der diesen Namen im Kern nicht verdient, wird langfristig nichts gewonnen.

Im Gegenteil: Ein vergifteter Frieden, der im Kern keiner ist, legt nur die Basis für einen neuen Konflikt in der Zukunft. Die nach dem Ersten Weltkrieg abgeschlossenen Friedensverträge hatten diesen Charakter und vielen Beteiligten war schon 1919 klar, dass ein weiterer Waffengang folgen werde.

Die beiden koreanischen Staaten leben bis heute nur mit einem Waffenstillstand. Er hat sich zwar als sehr dauerhaft erwiesen, zwingt aber beide Seiten dazu, einander permanent militärisch hochgerüstet an der Demarkationslinie gegenüberzustehen und die Mittel, die nördlich wie südlich der ehemaligen Front für Militärausgaben aufgewendet werden, könnten auf beiden Seiten wesentlich sinnvoller eingesetzt werden.

Frieden ist nicht gleich Frieden

Die Kunst, einen echten Frieden zu erreichen bzw. zu vermitteln, ist daher keine leichte. Dies umso mehr, als die Überlegungen, die bislang aus Russland zu einem Frieden mit der Ukraine bekanntgeworden sind, eine ganze Reihe von Trojanischen Pferden enthalten und damit im Kern äußerst vergiftete Angebote darstellen.

Dass diese Trojanischen Pferde im Westen nicht als solche erkannt werden, liegt auch daran, dass Politik und Gesellschaft zu einseitig auf die territoriale Frage konzentriert sind. Dabei haben die Russen schon zu Beginn des Krieges deutlich gemacht, dass es ihnen primär nicht um Territorium, sondern um die faktische Kontrolle der Regierung in Kiew ging.

Der gescheiterte Panzerraid auf Kiew, zu dem die anrückenden russischen Soldaten sogar ihre Paradeuniformen mitbrachten, deutete bereits an, worum es Vladimir Putin wirklich schon damals ging und auch heute immer noch geht: einen Regierungswechsel in Kiew hin zu einer neuen Führung, die den russischen Wünschen treu ergeben ist.

Die Ukraine als zweites Russland?

Formal kann Russland mit einer eigenständigen Ukraine sehr gut leben, solang die Führung in Kiew ebenso treu zu Moskau steht wie die weißrussische Regierung in Minsk. Dem Beispiel des nördlichen Nachbarn zu folgen, dürfte allerdings kaum das Ziel der meisten Menschen in der Ukraine sein.

Deshalb sind die USA und die europäischen Staaten gut beraten, die Ukraine nicht zu einem Frieden zu drängen, der bereits beim Vertragsabschluss so vergiftet ist, dass er nicht von langer Dauer sein kann.