Wer früher eine Anleihe zeichnete, der bekam einen vom Schuldner unterschriebenen Schuldschein in die Hand. Er verbriefte die gegenüber dem Kreditnehmer bestehende Forderung und stellte letztlich die Basis für alle Zahlungsforderungen und die vom Schuldner abgegebenen Versprechen dar.
Der Schuldschein war damit zugleich eine Urkunde. Diese zu verwalten war aufwendig und ist es noch immer, vor allem, wenn Dinge händisch geregelt werden müssen. So viel Zeit haben die heutigen Kapitalmärkte aber nicht mehr und da Zeit immer noch Geld ist und niemand Geld zu verschenken hat, bestehen die heutigen Käufe von Anleihen im Grunde nur noch aus der Erstellung eines Eintrags in eine Datenbank.
Dabei ist es vollkommen egal, ob der Käufer ein kleiner Privatanleger oder eine große Zentralbank ist. Die Schuld wird in einer Datenbank hinterlegt und das war es dann. Damit über dieses Asset weiter verfügt werden kann, muss allerdings der freie Zugriff auf diese Datenbank möglich sein.
Gold wird von den Zentralbanken als neutrale Reserve ohne Gegenparteirisiko wiederentdeckt
Schon kurz nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde der russischen Notenbank der freie Zugriff auf ihre in US-Dollar und Euro gehaltenen Devisenreserven jedoch verwehrt. Mit einem Federstrich verwandelte ein vom US-Präsident unterschriebenes Sanktionspapier quasi von einer Minute zur anderen milliardenschwere russische Währungsreserven in einen wertlosen Datenbankeintrag.
Der 26. Februar 2022 stellt daher eine Zäsur dar, die nicht nur das Verhältnis der Notenbanken untereinander verändert hat, sondern vor allem die Frage aufwirft, was den überhaupt noch eine Reserve sein soll, wenn diese sich kurzfristig in einen wertlosen Datenbankeintrag verwandeln kann.
Massive Goldkäufe seitens der Notenbanken sahen wir schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Seit dem 26. Februar 2022 hat das Streben der Zentralbanken nach einem größeren Goldbesitz jedoch eine andere Qualität erhalten. Über eine Reserve zu verfügen, die international anerkannt ist und die zugleich nicht das Risiko einer Gegenpartei in sich trägt, das ist der Inbegriff von Freiheit – nicht nur für den einzelnen privaten Anleger, sondern auch für die Notenbanken.
Vor die Wahl gestellt, einen verzinsten Datenbankeintrag zu erhalten, der jederzeit wertlos werden kann oder im eigenen Tresor unverzinstes Gold vorzuhalten, das jederzeit überall auf der Welt gegen andere Dinge getauscht werden kann, entscheiden sich die Notenbanken seit dem 26. Februar 2022 eindeutig für das Gold. Das sollte auch jedem Privatanleger zu denken geben.