Sollte die US-Notenbank auf ihrer Sitzung im Dezember wie erwartet erneut die Zinsen anheben, wird der amerikanische Leitzins die Schwelle von vier Prozent überwinden. Noch sind sich die Marktteilnehmer nicht ganz einig über die Frage, ob die US-Zinsen wie bei den letzten Sitzungen wieder um 75 Basispunkte, also 0,75 Prozentpunkte, angehoben werden oder „nur“ um 50 Basispunkte.
Die Aktienmärkte preisen derzeit eine deutliche Verlangsamung der Zinsanhebungen ein und sind daher in den letzten Wochen rasant gestiegen. Da sich die wirtschaftliche Situation allerdings nicht im gleichen Maß verbessert hat, wird die Luft für viele Aktien zunehmend dünner, denn die Gefahr, dass zahlreiche Volkswirtschaften im neuen Jahr in eine Rezession abrutschen werden, ist eher größer als kleiner geworden.
Aus diesem Grund erwartet die Mehrheit der Marktteilnehmer für die Zusammenkunft der Federal Reserve Bank im Dezember deshalb wieder eine Zinsanhebung um 75 Basispunkte. Auch im neuen Jahr dürfte diese Entwicklung zunächst weitergehen, vielleicht in einem etwas geringeren Tempo, doch die Inflation ist auch weiterhin viel zu hoch, als dass sich die Notenbanken jetzt schon entspannt zurücklehnen könnten.
Die Zinsen sind nur optisch hoch
Ein Teil der kräftigen Zinsanhebungen ist in der Zwischenzeit bereits bei den Sparern angekommen. Dies gilt besonders für die USA, wo die Zinsen bedingt durch das sehr viel höhere Tempo der FED deutlich höher sind als bei uns in Europa. Auf den ersten Blick erscheinen Anleihen deshalb wieder verlockend zu sein, denn erstmals seit vielen Jahren können die Anleger wieder höhere Zinsen vereinnahmen.
Eine positive Realrendite kann allerdings auch mit den neuesten Anleihe noch nicht erzielt werden, weil die Inflation immer noch weit über den Zinssätzen liegt. An diesem Punkt wird sich auch im neuen Jahr zunächst nicht viel ändern. Mit etwas Glück für die Sparer steigen die Zinsen schneller als die Inflation. Doch der Abstand zwischen beiden bleibt auch weiterhin riesig.
Attraktiv erscheinen uns die Zinsen vor allem deswegen, weil das Zinsniveau über Jahre hinweg so außerordentlich und unnatürlich niedrig war. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass bei über den Daumen gepeilten Zinssätzen von 4,5 Prozent und einer Inflationsrate von neuen bis zehn Prozent immer noch ein realer Kaufkraftverlust von vier bis fünf Prozent verbleibt. Das ist alles andere als wirklich attraktiv.
Den realen Kaufkraftverlust muss jeder Anleger zunächst einmal ausgleichen. Dieses Ziel wird auch in 2023 nur sehr schwer zu erreichen sein. Aus diesem Grund dürften Anleihen bis auf Weiteres nicht annähernd so attraktiv sein, wie es auf den ersten Blick scheint.