Die US-Regierung verfügt finanziell über eine Bilanz des Schreckens

Stellen Sie sich vor, Sie betreten ein Restaurant, bestellen ein Getränk und ein kleines Gericht und müssen dennoch laut Karte nicht viel mehr als zwei Euro bezahlen. Nach dem Essen, wenn es an das Bezahlen der Rechnung geht, erklärt Ihnen der Ober allerdings, dass der zu zahlende Betrag natürlich deutlich höher ist, weil der Wirt sich den Spaß erlaubt hat, Ihnen die Speisekarte aus dem Jahr 1970 vorzulegen.

Bei den meisten von uns wird sich die Dankbarkeit darüber, noch einmal daran erinnert zu werden, wie preiswert das Leben vor 55 Jahren noch war, vermutlich in engen Grenzen halten. Uns interessieren die Preise von heute, nicht die von vor 55 Jahren. Was im realen Leben eine Selbstverständlichkeit ist, ist bei der Bewertung der Goldreserven der Länder jedoch die Ausnahme.

Denn denn meisten westlichen Notenbanken bewerten ihr Gold noch immer so wie im Jahr 1970. Die US-Notenbank ordnet in ihrer Bilanz beispielsweise jeder Unze Gold immer noch 42,22 US-Dollar an Wert zu. Damit sind die in den Bilanzen der Federal Reserve Bank aber auch der Deutschen Bundesbank noch Maßstäbe enthalten, die Relikte aus längst vergangenen Zeiten sind.

US-Finanzminister Scott Bessent scheucht die Wall Street auf

Offiziell hat das in Fort Knox verwahrte amerikanische Staatsgold einen Wert von  11,044 Milliarden US-Dollar. Werden die 8.133 Tonnen Gold jedoch mit dem aktuellen Goldpreis bewertet, hätte das US-Staatsgold einen Wert von 784,5 Milliarden US-Dollar. Für die Notenbank mag es von Vorteil sein, dem eigenen Goldbesitz in der Bilanz nur einen ausgesprochen niedrigen Wert beizumessen. Doch für den Staat ist es verlockend, eine aktuelle Bewertung einzufordern, denn durch sie entsteht ein zusätzlicher Wert, der in Geld umgewandelt und ausgegeben werden könnte.

Dass Politiker an dieser Stelle schnell Begehrlichkeiten entwickeln, überrascht nicht. Auch die die Bundesbank sah sich vor Jahren mit der Forderung der Politik konfrontiert, den Wert des deutschen Staatsgoldes höher anzusetzen und den so realisierten Gewinn an den Bundeshaushalt auszuschütten. Das Volk roch allerdings den Braten und stellte sich gegen die Forderung der Politik.

Nun sind es US-amerikanische Politiker wie der neue Finanzminister Scott Bessent, die nach einer Neubewertung der Goldbestände rufen. Am 3. Februar hatte Scott Bessent angekündigt, in den nächsten zwölf Monaten „die Aktivseite der US-Bilanz zu monetarisieren.“ Das führte an der Wall Street umgehend zu einer breiten Diskussion über die Auswirkungen, die ein solcher Schritt nach sich ziehen würde. Die Büchse der Pandora scheint jedoch geöffnet zu sein und die Aussicht, auf diese Art und Weise bis zu 800 Milliarden US-Dollar für das US-Finanzministerium kurzfristig verfügbar zu machen, ist einfach zu verlockend als dass man sie einfach ignorieren könnte.

Was kurzfristig hilft, kann langfristig dennoch sehr viel Schaden anrichten

Mit einer entsprechenden Aktion sollte im Lauf des Jahres daher gerechnet werden und es liegt auf der Hand, dass andere Länder den USA anschließend schnell folgen werden, denn auch hier liegen in den Bilanzen der jeweiligen Notenbanken Werte, die ausgabefreudige Politiker nur allzu gerne in ihre Finger bekommen möchten.

So verständlich der Griff der Politik nach diesem helfenden Strohhalm ist, so wenig trägt er gleichzeitig dazu bei, das Problem der Schulden langfristig zu lösen. Denn auch wenn die US-Regierung durch eine Neubewertung des US-Staatsgolds kurzfristig bis zu 800 Milliarden US-Dollar freimachen könnte: Was sind 800 Milliarden US-Dollar im Vergleich zu Gesamtverbindlichkeiten aus Schulden und Pensionen von ca. 45,5 Billionen US-Dollar?

Sie sind gelinge gesagt, der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein, denn alle von der US-Bundesregierung gemeldeten Vermögenswerte (Gold, Immobilien und Anleihen) kommen derzeit nur auf einen Wert von annähernd 5,7 Billionen US-Dollar. Ihr sofortiger Verkauf zu Marktpreisen könnte die gigantischen US-Schulden damit gerade einmal um etwas mehr als zwölf Prozent zurückführen.