Eigentlich sollte es uns freuen, wenn sich das hohe Preisniveau der vergangenen Monate wieder deutlich zurückbildet. So ist es derzeit bei den Metallpreisen. Sie erreichten im vergangenen Jahr ein Hoch, nähern sich allerdings nun wieder ihren Tiefs und wie immer im Leben hat jede Entwicklung ihre guten wie auch ihre schlechten Seiten. Grund genug für uns, beide Seiten einmal genauer in den Blick zu nehmen.
Der russische Angriff auf die Ukraine war nicht nur politisch ein Schock. Auch wirtschaftlich veränderte sich quasi über Nacht vieles. Weil Russland der Lieferant für viele Industriemetalle ist, viele westliche Länder bei diesem Produzenten allerdings nicht mehr einkaufen wollten, schossen die Metallpreise Ende Februar 2022 sprunghaft in die Höhe.
Ihr Hoch erreichten sie wenige Wochen nach Kriegsbeginn am 11. März 2022. Der Bloomberg-Industrial-Metals-Subindex, der die Preisentwicklung der wichtigsten Industriemetalle nachbildet, erreichte damals mit 230 Punkten ein neues Allzeithoch. Von diesem aus haben sich die Notierungen inzwischen um 37 Prozent ermäßigt. Wobei ein großer Teil dieses Abstiegs auf 140 Punkte schon bis zum Juli 2022 vollzogen wurde.
Wenig Wachstum, hohe Zinsen und ein starker US-Dollar
Das freut die Verbraucher und sorgt für lange Gesichter bei denjenigen, die sich auf einen längerfristigen Anstieg der Rohstoffpreise gefreut hatten, beispielsweise die Rohstoffproduzenten und die internationalen Rohstoffhändler wie Glencore. Statt neuer Hochs richten sich die Blicke der Marktteilnehmer derzeit eher auf die Unterseite. Hier ist das Ende März 2020 erreichte Tief von 91 Punkten die markante Größe. Es war erreicht worden, als die im Zuge der Corona-Pandemie verhängten Lockdowns Produktion und Wirtschaft radikal abwürgten.
Kurzfristig befeuert werden die Rohstoffpreise durch die Nachfrage. Sie ist schwach, denn die Wirtschaft wird in 2023 wenn überhaupt nur sehr ein sehr geringes Wachstum verzeichnen. Weltweit soll es nach einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft in den USA in diesem Jahr bei lediglich 0,75 Prozent liegen. Für den Euroraum wird sogar nur ein Wachstum von 0,5 Prozent erwartet.
Zum Vergleich: Im Jahr 2022 wuchs die US-Wirtschaft um 2,1 Prozent und jene der Eurozone sogar um 3,5 Prozent. Lediglich in China wird in diesem Jahr ein höheres Wachstum als im Vorjahr erwartet. Dies dürfte allerdings sehr stark dem besonders späten Ende der Lockdowns im Reich der Mitte geschuldet sein.
Ein durchwachsener Ausblick auf die Zukunft
Neben der mauen Konjunktur drücken auch die hohen Zinsen und die anhaltende Stärke des US-Dollars auf das Preisniveau. Die hohen Zinsen führen dazu, dass viele Investitionen nicht mehr finanzierbar sind. Auch die Stärke der amerikanischen Währung wirkt in diese Richtung, denn sie verteuert den Bezug von Rohstoffen und von Waren aus dem Ausland.
So bleibt am Ende ein ambivalentes Bild. Die niedrigeren Rohstoffpreise sind eine deutliche Entlastung an der Inflationsfront. Erkauft werden sie jedoch mit einer wirtschaftlichen Schwäche, die sehr leicht zum Verlust von Arbeitsplätzen führen kann. Dass die Entwicklung durchweg positiv ist, kann vor diesem Hintergrund aus gutem Grund bezweifelt werden.