Im Frühjahr 2020 erlebten die Marktteilnehmer etwas Historisches. Einmalig war dabei nicht etwa das Aufkommen des Coronavirus. Ähnliche Ereignisse hatten die Börsen schon zu früheren Zeiten getroffen und in helle Aufregung versetzt. Was allerdings einmalig war, war der Umgang mit dieser Krise.
Sie wurde wieder einmal mit so viel Zentralbankgeld aus dem Nichts bekämpft, dass der Bärenmarkt, der im späten Februar 2020 einsetzte, nicht nur einer der kürzesten, sondern der kürzeste Bärenmarkt in der Finanzgeschichte überhaupt war. Für viele, vor allem junge Anleger, war dies ihre erste Crasherfahrung, weil sie die Finanzkrise noch nicht als aktive Anleger an den Finanzmärkten miterlebt hatten.
Nun ist es verständlich, dass vor dem Hintergrund der extrem schnellen Erholung des Jahres 2020 auch jetzt wieder damit gerechnet wird, dass sich die dunklen Wolken am Horizont schnell wieder verziehen werden. Doch so verständlich diese Erwartung ist, so unrealistisch ist sie gleichzeitig.
Das Ende der Krise setzt eine veränderte Situation voraus
Aktuell steigen die Börsen wieder und sie sind seit Anfang Oktober auch wieder sehr schnell gestiegen. Da die Kurse in der Zwischenzeit sogar wieder um mehr als 20 Prozent über den Tiefstkursen stehen, ist es formal betrachtet sogar berechtigt, von einem neuen Bullenmarkt zu sprechen. Entsprechend groß sind derzeit unter den Anlegern die Erwartungen.
Doch Erwartungen oder vielleicht sollte man an dieser Stelle besser von Hoffnungen sprechen sind noch keine Gewissheiten und vor allem sind sie nicht das Mittel, mit dem man einen vom Weg abgekommenen Wagen wieder zurück auf die Straße bringt. Eine solche korrigierende Rückholbewegung ist allerdings notwendig, soll es uns nicht nur für kurze Zeit, sondern dauerhaft wieder besser gehen – im realen Leben wie an der Börse.
Frühere Krisen haben an der Stelle gezeigt, dass der Prozess der Aufarbeitung der Krise ein ebenso anstrengender wie schmerzlicher Prozess ist. Soll er gelingen, ist die Voraussetzung, dass die Faktoren, die zur Krise geführt haben, erkannt und beseitigt werden müssen. Solange dies noch nicht geschehen ist, hat jede Erholung – in der Realwirtschaft wie an der Börse – die große Chance, als ein klassisches Strohfeuer zu enden.