In der Vergangenheit sind viele Anleger dazu übergegangen, auf eine aktive Auswahl ihrer Aktien und Anleihen zu verzichten. Immer beliebter wurde die Strategie, in einen breit gestreuten Fonds zu investieren. Am besten einen solchen, der nur passiv gemanagt wird, also stur einem vorgegebenen Index folgt, und deshalb nicht mit hohen Kosten für das Fondsmanagement behaftet ist.
In der letzten Dekade hat diese Anlagestrategie wunderbar funktioniert. Das lag allerdings nicht nur an ihrer Konzeption, sondern vor allem an den Notenbanken, denn diese haben die Zinsen so weit gedrückt, dass Anleihen als echte Alternativen ausfielen und auch Liquidität auf dem Konto vorzuhalten, für die Sparer kein gangbarer Weg mehr war.
So wurde die klassische Portfolioblance mit der Zeit ausgehebelt und es floss mehr Geld als in früheren Zeiten in Aktien. Doch damit nicht genug. Auch die Ausrichtung der Aktieninvestments wurde langsam geändert. Viele Anleger glauben deshalb heute, dass sie mit einem MSCI-World-ETF ihr Geld breit gestreut über die ganze Welt verteilt anlegen, denn der Fonds enthält 1.600 Aktien aus 23 Ländern.
Das Ende einer gefährlichen Illusion
Schön wäre es. Tatsächlich ist der dem Fonds zugrundeliegende Aktienindex so konzipiert, dass knapp 70 Prozent seines Kapitals in den USA angelegt werden. Schon bei der Liste der weltweiten Länder hätten die Anleger aufhorchen müssen, denn die UNO hat weit über 150 Mitglieder. Zugegeben darin sind auch Kleinstaaten wie Andorra und Lichtenstein enthalten. Aber mit nur 23 Ländern die ganze Welt abdecken?
Auch 1.600 Unternehmen klingt im ersten Augenblick nach einer großen Streuung. Denn wer will diese vielen Unternehmen alle im Blick behalten? Wenn allerdings berücksichtigt wird, dass 70 Prozent dieser Unternehmen in den USA beheimatet sind, stellt sich die vermeintliche weltweite Streuung schnell als ein amerikanisches Klumpenrisiko dar. Man kann von der US-Wirtschaft halten, was man will, aber in einem weltweit „diversifizierenden“ Fonds so massiv auf sie zu setzen, scheint doch etwas arg übertrieben.
Berücksichtigt man nun noch, dass die zehn größten Unternehmen des Fonds knapp 20 Prozent seines Werts ausmachen, dann befindet man sich nicht nur geographisch in einer Schieflage. Auch innerhalb der verschiedenen Industriezweige scheint der ETF viel zu einseitig aufgestellt zu sein.
In den vergangenen Jahren war diese Einseitigkeit ein wichtiges Element das zu seiner hohen Performance beigetragen hat. Nun besteht die Gefahr, dass der Wind dreht und aus dem einstigen Vorteil ein schwerer Nachteil werden kann, etwa dann, wenn die USA sich in Zukunft schlechter entwickeln als der Rest der Welt und auch die bisher so beliebten Technologieaktien bei den Anlegern an Strahlkraft verlieren sollten.