Der deutsche Staat ist pleite. Das ist eigentlich bekannt und nach Lage der Fakten auch nicht mehr zu leugnen. Doch diese traurige Wahrheit widerspricht zutiefst dem eigenen Selbstbild, denn sind wir Deutschen nicht ein reiches Volk oder zumindest eines der reicheren Völker?
Als solche möchten wir uns gerne weiter fühlen. Das können wir am besten, indem wir wie bisher Geld ausgeben, das wir gar nicht haben und Dinge finanzieren, die eigentlich nicht unsere Probleme sind. Aber das Bild vom reichen Onkel bzw. von der reichen Tante, die überall in der Welt durch ihre Spenden segensreich wirken, will weiter gepflegt werden.
Dumm nur, dass von der ganzen Pflege der letzten Jahre nun plötzlich der Lack abplatzt und nichts mehr als so glänzend erscheint, wie es uns immer wieder verkauft wurde. Die marode Infrastruktur ist nicht mehr zu übersehen. Viele Straßen und Brücken haben ihre besten Jahre bereits hinter sich und wem in diesem Land der Sinn nach ein wenig Abenteuerurlaub steht, der bucht am besten eine Reise mit der Deutschen Bahn.
Sondervermögen, Sondervermögen über alles
Es ist gerade einmal gut zehn Jahre her, da gefiel sich der deutsche Michel noch in der Rolle des europäischen Zuchtmeisters in Sachen Finanzdisziplin. Insbesondere den Ländern im Süden der Eurozone wurde permanente Misswirtschaft vorgeworfen. Ganz unberechtigt waren die Vorwürfe damals nicht. Sie sind heute deshalb nicht das Problem.
Problematisch ist allerdings, dass der vermeintliche Musterschüler inzwischen ebenfalls trickst, wo er nur tricksen kann. So hat Professor Bernd Rürup, immerhin früheres Mitglied im Sachverständigenrat und Berater mehrerer Generationen von Politikern bereits im September darauf hingewiesen, dass der Bund 29 gigantische Schuldentöpfe unterhält, die blasphemisch als „Sondervermögen“ bezeichnet werden.
Das sind 29 Stellen, an denen die normale Finanzierung durch die laufenden Einnahmen nicht mehr gelingt und auf haushaltsrechtlich krummen Wegen Abhilfe geschaffen werden muss. Dabei liegen die Steuereinnahmen des deutschen Staates auf Rekordniveaus. Kein Finanzminister verfügte über mehr Einnahmen als der aktuelle.
Und trotzdem reicht es hinten und vorne nicht mehr. Deshalb fordern erste Politiker der Ampel schon weitere Abgaben für alles und jedes und seien Sie gewiss, diese Abgaben werden kommen, denn die Mitglieder der Ampel scheinen fest davon überzeugt zu sein, dass es ihnen als erster politischer Generation endlich gelingen wird, die Kuh, die sie melken wollen, vorher ohne Auswirkungen auf die Milchproduktion auch noch zu schlachten.