Das letzte halbe Jahr war von einem starken Wertverlust des US-Dollars geprägt. Gut nachzuvollziehen ist er am sogenannten US-Dollar-Index (DXY). Er ging im letzten halben Jahr um knapp zehn Prozent zurück. Innerhalb des US-Dollar-Index wird die amerikanische Währung verschiedenen anderen Währungen gegenübergestellt.
Die mit Abstand wichtigste Währung ist dabei der Euro. Er macht 57,6 Prozent der anderen ausländischen Währungen aus. Die aktuelle Schwäche des US-Dollars ist damit eine unmittelbare Folge der Stärke des Euros. Diese wiederum ist nicht ein Ausdruck der wirtschaftlichen Macht und Leistungskraft Europas, sondern die Folge eines kapitalen Fehlers.
Gemacht wurde dieser Fehler von der Europäischen Zentralbank im vergangenen Jahr, als man der anziehenden Inflation viel zu lange tatenlos zusah und glaubte, die stark anziehenden Preise aussitzen und ignorieren zu können. Erst viel zu spät erkannten Europas Notenbanker, dass sie die Inflation ernsthaft und nicht nur mit Worten bekämpfen müssen, wenn sie Schlimmeres verhindern wollen.
Die EZB liegt noch immer zu weit hinter der Kurve
Als diese Erkenntnis im Sommer des letzten Jahres endlich kam, waren Europas Notenbanker schon viel zu weit hinter der Kurve, wie die Finanzmärkte zu sagen pflegen. Während die US-Notenbank schon im März 2022 erstmals die Zinsen erhöhte und dann auch schnell zu einem höheren Tempo überging, passierte innerhalb der Eurozone bis zum Sommer so gut wie nichts.
Nun ist die EZB in der Verlegenheit, das Versäumte aufholen zu müssen. Aus diesem Missgeschick resultiert die aktuelle Stärke des Euros und die gleichzeitige Schwäche des US-Dollars. Während in den USA bereits darüber gesprochen wird, ob die Federal Reserve Bank ihre Zinserhöhungen verlangsamen oder sogar aussetzen kann, muss die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen auch weiterhin kräftig erhöhen, um verlorenen Boden wieder gutzumachen.
Diese Situation wird schätzungsweise noch ein halbes Jahr anhalten. In dieser Zeit ist prinzipiell damit zu rechnen, dass die Zinsen innerhalb der Eurozone stärker steigen werden als in den USA. Da die Devisenmärkte vor allem auf die Zinsdifferenzen schauen, dürfte dies den Euro begünstigen und den US-Dollar tendenziell eher belasten.
Profitieren von der Schwäche des US-Dollars dürften auch die Edelmetalle, denn Gold und Silber sind traditionelle Antipole zur amerikanischen Währung. Ihr Preis pflegt zu steigen, wenn die US-Währung zur Schwäche neigt und zu fallen, wenn diese sich als besonders stark erweist.