Wenn sich große institutionelle Investoren auf einen Markt stürzen, sind starke Aufwärtsbewegungen zu erwarten. Das gilt insbesondere für jene Märkte, die relativ klein sind. Der Goldmarkt hat zwar eine gewisse Größe, die durchaus mit der des Schweizer Franken vergleichbar ist. Doch im Gegensatz zur Größe der weltweiten Märkte für Staatsanleihen, sind sowohl das Gold als auch der Franken nur relativ kleine Fische.
Auf den Goldmarkt wartet damit nicht weniger als ein massives Beben, denn Chinas Finanzaufsichtsbehörden haben einen entscheidenden Schritt unternommen, um die Rolle des Versicherungssektors in der Wirtschaftsarchitektur des Landes neu zu gestalten. Im Rahmen eines Pilotprogramms gestattet die Regierung in Beijing zehn großen Versicherungsunternehmen, darunter China Life, Ping An und New China Life, in Gold zu investieren.
Der Schritt markiert einen strategischen Wendepunkt, denn er sorgt für eine langfristige Veränderung bei der Risikodiversifizierung und stellt eine stillschweigende Anerkennung des dauerhaften Wertes von Gold in turbulenten Zeiten dar. Dargestellt wird die Veränderung als eine schrittweise Korrektur. Faktisch sind wir jedoch Zeuge einer systemischen Umverteilung von chinesischem Kapital.
Dies alles geschieht weder aus einer Laune des Augenblicks heraus, noch ist es frei von übergeordneten politischen Interessen. Wir können deshalb davon ausgehen, dass es um nicht mehr und nicht weniger als um die finanzielle Widerstandsfähigkeit Chinas geht. Sie soll neu definiert werden.
Eine strukturelle Veränderungen bei der Vermögensallokation macht den Weg frei
Die Nationale Finanzregulierungsbehörde der Volksrepublik (NFRA) hat grünes Licht für Goldinvestitionen über regulierte Instrumente wie Kassageschäfte, Leasing und aufgeschobene Lieferung an der Shanghai Gold Exchange gegeben. Entscheidend ist, dass Versicherer vom physischen Goldhandel ausgeschlossen sind, wodurch sichergestellt wird, dass die Liquidität innerhalb des formellen Finanzökosystems Chinas verbleibt.
Dieser Ansatz ist die Folge eines Skandals aus dem Jahr 2020, bei dem Kredite in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar ausgefallen sind. Man hatte sie mit gefälschten Goldsicherheiten hinterlegt, die nicht werthaltig waren. Um derartige undurchsichtige Geschäfte in Zukunft zu verhindern, sollen die Versicherer nur noch börsengehandelte Goldprodukte an der Börse in Shanghai handeln können. Damit wollen die chinesischen Aufsichtsbehörden die Gegenparteirisiken mindern und gleichzeitig institutionelle Portfolios gegen die Volatilität der Aktienmärkte und die Abwertung des Yuan stabilisieren.
Dass es dabei nicht um kleine Fische geht, zeigt ein Blick auf die konkreten Zahlen. Im Januar 2025 verpflichteten die Aufsichtsbehörden die Versicherer, 30 Prozent der neuen Prämien in chinesische A-Aktien zu investieren. Diese Richtlinie wird nun durch die Einbeziehung von Gold als Gegengewicht ergänzt. In dieser Doppelstrategie spiegeln sich die wachsenden Bedenken hinsichtlich der Handelsspannungen, des schwachen Inlandsverbrauchs und der drohenden US-Zollerhöhungen wider.
Gleichzeitig wird die historische Rolle von Gold als Absicherung gegen Inflation und geopolitische Konflikte betont. Sie macht das Gold zu einer logischen Säule für Versicherer, die sich in einem von Stagflation geprägten Umfeld behaupten müssen.