In der Woche vor Weihnachten wa an den internationalen Kapitalmärkten in der Regel nicht viel los. Die großen Fondsgesellschaften haben ihre Bücher bereits geschlossen und viele Fondsmanager sich in den Weihnachtsurlaub verabschiedet. Zurück bleiben zumeist nur einige wenige Händler, deren Aufgabe darin besteht, die Kurse bis zum Abrechnungstermin am Jahresende auf dem erreichten Niveau zu halten, damit die Jahresabschlüsse ordentlich aussehen.
Auf große Veränderungen ist der Kapitalmarkt in der Zeit zwischen Mitte Dezember und der Wiederaufnahme des aktiven Handels Anfang Januar daher nicht vorbereitet. Doch in genau diese Zeit platzte in der vergangenen Woche eine Nachricht, die an den Märkten noch viel Sprengkraft entwickeln könnte, denn die japanische Notenbank hat die Bandbreite der Rendite für zehnjährige Staatsanleihen nach oben erweitert, was man als Vorstufe zu einer Leitzinserhöhung ansehen kann.
Die Wechselkurse des US-Dollar und Euro zum Yen reagierten umgehend und stürzten weiter ab. In der jüngeren Vergangenheit war es eher umgekehrt gewesen. Je stärker die Zinsen in den USA und in Europa stiegen, um so günstiger wurde es für Anleger aus diesen Währungsräumen, sich in Yen zu verschulden, dieses Geld in US-Dollar oder Euro zu tauschen und sich mit den entsprechenden Staatsanleihen einzudecken.
Die beliebten Carry-Trades entwickeln sich von einer Gelddruckmaschine zu einem unangenehmen Verlustbringer
Die Rechnung ging für die Investoren auf, weil die Anleger gleich an zwei Stellen massiv profitierten. Der Yen verlor immer weiter an Wert und in Europa, vor allem aber in den USA wurden zudem noch höhere Zinsen erwirtschaftet als in Japan. Eine vermeintlich sehr einfache und stabile Art, Geld zu verdienen, denn die Bank of Japan ließ lange Zeit keinen Zweifel daran, an ihrer extrem lockeren Geldpolitik festhalten zu wollen.
Anleger aus dem Ausland, die Kredite in Yen aufgenommen hatten, konnten diese mit immer weniger US-Dollar oder Euro zurückzahlen. Je nach Zeitpunkt der Kreditaufnahme sank die Schuld, wenn sie in den ausländischen Währungen berechnet wurde, auf fast nur noch die Hälfte ihres Ursprungswerts ab.
Seit Mitte Oktober kehrt sich das Bild jedoch um. Der Yen wertet wieder auf und für die ausländischen Kreditnehmer wird es teurer, ihre Yen-Schulden zurückzuzahlen. Als die Nachricht von der Ausweitung der Renditebandbreite am letzten Mittwoch bekannt wurde, stieg der Wert des Yens umgehend nochmals stark an.
Gewollt oder ungewollt hat die Bank of Japan damit die Carry-Trade-Spekulanten unter Druck gesetzt. Steigt der Yen weiter und kommt es in 2023 sogar zu einer ersten Zinserhöhung, dürfte vielen Hedgefondsmanagern die Herdplatte, auf der sie bei ihren Carry-Trades sitzen, schnell zu heiß werden. Zu erwarten sind in diesem Fall schnelle Verkäufe und vor allem Verkäufe im großen Stil. Sie könnten sich im neuen Jahr für die Devisenmärkte zu einem sehr gefährlichen Sprengstoff entwickeln.