Das Silber wird oft als der kleine Bruder des Golds bezeichnet und die Umschreibung suggeriert, dass sich Gold und Silber mehr oder weniger im Gleichklang bewegen. Das tun sie auch sehr oft, aber nicht immer. Deshalb gilt auch hier: Keine Regel ohne Ausnahme. Sehr gut erkennbar werden diese Abweichungen mit dem Silber-Gold-Verhältnis.
Es gibt an, wie viele Unzen Silber auf den Tisch gelegt werden müssen, um eine Unze Gold zu kaufen. Ist die Zahl hoch, ist das Silber im Vergleich zum Gold preiswert, während niedrige Silber-Gold-Verhältnisse auf eine relative Überbewertung des Silbers hindeuten. Problematisch bei der Anwendung dieses Verhältnisses ist jedoch, dass es keinen Fixpunkt gibt, von dem man behaupten könnte, dass er das angemessene Gold-Silber-Verhältnis angibt.
Geologisch ist das Silber in den oberen Schichten der Erdkruste 17 Mal häufiger anzutreffen als das Gold. Damit ist eine erste mögliche Bewertungsleitplanke gesetzt. In den 1990er Jahren schwankte das Silber-Gold-Verhältnis in der Regel zwischen 50 und 55. Damit war das Silber bezogen auf seine geologische Häufigkeit gegenüber dem Gold bereits stark ins Hintertreffen geraten.
Ein Ausbruch des Silbers dürfte auch mit einem sinkenden Gold-Silber-Verhältnis einhergehen
Heute wären viele Anleger, die stark auf das Silber setzen, vermutlich froh, wenn die Verhältnisse aus den 1990er Jahren wiederkehren würden. Doch von ihnen trennen uns aktuell Welten, denn das Verhältnis liegt momentan im Bereich von 80. In der Spitze waren 2020 kurzzeitig sogar Gold-Silber-Verhältnisse von über 120 ausgebildet worden. Das niedrigste Verhältnis der letzten 20 Jahre war 2011 mit 35 ausgebildet worden.
Bereits in den letzten Augusttagen hatte sich ein Nachholbedarf beim Silber aufgebaut, denn bei einem durchschnittlichen Gold-Silber-Verhältnis von 80:1 entsprach ein Goldpreis von 2.300 US-Dollar einen Silberpreis von 28,75 US-Dollar je Unze. Anschließend stieg der Goldpreis jedoch wieder auf 2.500 US-Dollar an.
Bei einem gleich hohen Gold-Silber-Verhältnis von 80 hätte dies einen Silberpreis von 31,25 US-Dollar nach sich ziehen müssen. Das Silber hatte jedoch Mühe, die runde Marke von 30 US-Dollar wieder zu überwinden. Hier baut sich nach Ansicht von Sprott Asset Management eine Spannung auf, denn wenn es später in diesem oder im nächsten Jahr zu einem Ausbruch des Silbers kommen sollte, ist zu erwarten, dass das Silber den gleichen Ansturm an Aufmerksamkeit und Spekulationsgeldern erhalten wird, den Gold derzeit genießt.
Erinnerungen an 2020 werden wach
Bezogen auf die jüngsten Korrekturtiefs des Silbers scheinen somit Anstiege von bis zu 50 Prozent als möglich. Von einer solchen Bewegung können die Anleger stark profitieren, wenn sie sich richtig positionieren. An dieser Stelle ist der Blick zurück in das Jahr 2020 sehr aufschlussreich. Damals senkten die Notenbanken die Zinsen auf Null und öffneten die Geldschleusen.
Die Folge war ein massiver Anstieg des Goldpreises, der von Anfang Januar bis Ende Dezember 2020 um 20,8% zulegte. Das Silber toppte diese Entwicklung mit einem Anstieg um 43 Prozent und das Gold-Silber-Verhältnis fiel in dieser Zeit von 100 auf 64 zurück.
Eine ähnliche Entwicklung könnten die nächsten Monate bringen, denn die Finanzwelt stellt sich erneut auf eine Reihe von Zinssenkungen ein und diese Phasen mit sinkenden Zinsen waren in der Vergangenheit bislang stets sehr gut für das Gold und noch besser für das Silber.